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Apple Intelligence: Gelingt Tim Cook noch die KI-Wende?

Apple ist selten Vorreiter – auch bei der Künstlichen Intelligenz war das Unternehmen eher spät dran. Doch anstatt bestehende Technologie besser zu machen, verlieren Tim Cook und Co. den Anschluss an die Branche. Wie kann der Turnaround gelingen?

“Wir waren selten die Ersten”, soll Tim Cook laut Bloomberg in einem Allhands-Meeting vor den Angestellten gesagt haben. Vor dem Mac habe es den PC gegeben, vor dem iPhone ein anderes Smartphone und es gab einen MP3-Player vor dem iPod, so der Apple-Chef. Doch das Unternehmen habe stets moderne Versionen dieser Produkte herausgebracht. Laut Bloomberg denke Cook so auch über Künstliche Intelligenz.

Mit dem Vortrag, in dem es auch um kommende Produkte ging, wollte der Apple-Chef die Belegschaft davon überzeugen, das Ruder im Wettstreit auf dem KI-Markt noch herumreißen zu können. Die Frage ist, wie das noch gelingen kann. Schließlich kamen Apples KI-Ambitionen nicht von Anfang an, jedoch schnell nach dem Start unter die Räder.

iPhone 16: Für KI gemacht, aber ohne KI ausgeliefert

Ein kurzer Rückblick: Auf der Entwicklerkonferenz WWDC 2024 stellte Apple Intelligence vor. Die Botschaft damals klang gut: KI, aber privat. Während andere Anbieter die Daten ihrer Nutzer:innen je nach Einstellung zum Training nutzen, verzichtet Apple darauf. Apps wie Playground zur Erstellung eigener Emojis funktionieren direkt auf dem Gerät, Abfragen an die Server laufen nach Angaben des Unternehmens anonymisiert ab. Das betrifft auch jene, die die Apple-Assistenz Siri an ChatGPT weiterleitet – solange man sich nicht mit seinen Kontodaten anmeldet.

Diese und weitere Funktionen wie eine Rechtschreibhilfe oder die Möglichkeit, sich Texte zusammenfassen zu lassen, sind allesamt mehr oder weniger nützlich, waren allerdings zum Zeitpunkt der Vorstellung nicht wirklich neu. Richtig spannend klang dagegen eine neue Version Siri. Die Sprachassistenz ist bei vielen Nutzer:innen als “dumm” verschrien, weil sie bei vermeintlich leichten Aufgaben Schwierigkeiten bekommt. Apple Intelligence sollte das ändern, indem Siri Nutzer:innen durch die auf dem iPhone gespeicherten Daten besser kennenlernt und sich Zusammenhänge, etwa zwischen einem Foto, einem Kontakt und einer E-Mail, erschließt. Natürlich liegt der Fokus hier ebenfalls auf Privatsphäre.

Im September 2024 sollte Apple Intelligence sogar zum Verkaufstreiber für die iPhone-16-Serie werden. Denn das KI-Paket ist bislang nur für die Modelle 15 Pro und Pro Max sowie die aktuellen 16er-Smartphones verfügbar. Die iPhone-16-Geräte seien “für Apple Intelligence entwickelt worden”, schrieb das Unternehmen damals in einer Pressemeldung. Und hier begann der Kit zu bröckeln. Als die iPhones herauskamen, war das KI-Paket darauf noch gar nicht installiert. Apple lieferte es erst später, mit iOS 18.1, nach. In der Europäischen Union hatten Nutzer:innen sogar erst im Frühjahr mit iOS 18.4 Zugriff darauf.

Der Start gestaltete sich ebenfalls schwierig. Ein Feature zum automatischen Zusammenfassen von Nachrichten sorgte für Probleme und musste zwischenzeitlich abgeschaltet werden. Für die neue Version von Siri produzierte Apple eigens einen Werbespot, ließ ihn dann aber wieder verschwinden. Den Rollout der Assistenz verschob das Unternehmen dann auf 2026. Und noch heute ist der Eintrag für Apple Intelligence in den Einstellungen auf dem iPhone mit dem Wort “Beta” markiert.

Führungswechsel bei Siri zeigt offenbar Wirkung

Dass Apple schnell wieder aus dieser Misere herauskommt, scheint fraglich. Im Vergleich zu anderen Branchengrößen wie OpenAI, Google oder Microsoft wirkt es so, als sei das Unternehmen weit abgeschlagen. Nahezu täglich gibt es von diesen Konkurrenten und weiteren Anbietern Meldungen über neue Funktionen, Modelle oder Apps. Apple selbst hatte auf der WWDC 2025 dagegen nur wenig zu zeigen. Wohl auch, weil man die Aufmerksamkeit nicht unnötig auf den Siri-Aufschub lenken wollte.

Intern scheint das Thema KI dagegen sehr hoch zu hängen. Das geht aus dem Bloomberg-Bericht hervor. „Apple muss das tun. Apple wird dies tun. Das ist eine Sache, die wir in die Hand nehmen müssen”, soll Cook demnach gesagt haben. Natürlich wird Apple den Turnaround nicht schaffen, indem der CEO vor der Belegschaft markige Parolen ausruft. Deshalb soll Cook die Angestellten dazu anhalten, KI-Funktionen schnell in ihre Produkte einfließen zu lassen.

An anderer Stelle hat Apple längst gehandelt. Das Thema Siri wird mittlerweile von Mike Rockwell betreut, der zuvor für Vision Pro verantwortlich war. Ein Wechsel, der sich offenbar schon auszahlt. Laut Software-Chef Craig Federighi hätten Rockwell und Team die Arbeit in diesem Bereich “supercharged”, wie es bei Bloomberg heißt.

Außerdem scheinen die Entwickler:innen die Schwachstelle bei der KI-Version der Assistenz ausgemacht zu haben. In einem Interview mit Joanna Stern vom Wall Street Journal erklärte Federighi im Juni, man habe eine funktionierende Version von Siri zur Verfügung gehabt, die aber nicht den hohen Qualitätsstandards entsprach. Gegenüber der Belegschaft soll er jetzt erklärt haben, dass der Fehler darin bestand, zwei Siri-Systeme miteinander zu vereinen. Eines hätte für die üblichen Kommandos, wie dem Stellen eines Timers, zuständig sein sollen, das andere auf einem LLM basiert. Statt diesen Ansatz weiterzuverfolgen, soll Apple nun auf eine ganz neue Architektur setzen. Die versetze das Unternehmen sogar in die Lage, “ein viel größeres Upgrade zu liefern, als wir uns vorgestellt hatten”, wie Federighi zitiert wird.

Zukäufe und App-Entwickler als Chance

Nur auf die eigenen Fähigkeiten will man sich aber offenbar nicht mehr ausschließlich verlassen. Im Rahmen der Bekanntgabe der Zahlen für das dritte Geschäftsquartal 2025 sprach Tim Cook offen darüber, viel Geld für Zukäufe in die Hand nehmen zu wollen. Schon im Juni soll es laut Bloomberg Gespräche über einen Kauf der KI-Suchmaschine Perplexity gegeben haben. Die spannende Frage: Wenn das Projekt zur Runderneuerung von Siri bereits auf Schienen läuft, wozu braucht Apple dann eigentlich Unterstützung?

Wie beschrieben, setzt Apple bei vielen Siri-Anfragen auf die Unterstützung von OpenAI und ChatGPT. Mit einer eigenen oder zugekauften KI-Lösung wäre das Unternehmen unabhängiger von der Konkurrenz und müsste Anfragen von Nutzer:innen nicht mehr in fremde Hände geben. Außerdem soll Apple mittlerweile an einer eigenen sogenannten “Answer Engine” arbeiten, die das Internet für Nutzer:innen nach Fakten durchsucht. Ein Unternehmen wie Perplexity könnte hier viel Erfahrung beisteuern.

Ab September könnten zudem App-Entwickler:innen zumindest für einen kleinen KI-Schub bei Apple sorgen. Der Grund: Auf der WWDC 2025 hat das Unternehmen sein sogenanntes Foundation Model Framework freigegeben. Damit können Entwickler Apples KI-Funktionen in ihre Apps integrieren – und diese sollen dann sogar offline laufen. Wer diese Integration sinnvoll hinbekommt, könnte einen Mehrwert für Nutzer:innen schaffen. Ob das am Ende aber reicht, um potenzielle Smartphone-Käufer:innen vom iPhone zu überzeugen, darf bezweifelt werden.

Wie geht es weiter?

Kurzfristig stehen ohnehin zunächst praktische, aber doch kleinere Neuerungen auf dem Programm. So kann die Videotelefonie-App Facetime ab iOS 26 Gespräche live übersetzen und die Visual Intelligence genannte Scan-Funktion den Bildschirminhalt erkennen und etwa beim Shopping helfen. Beides klingt nett, ist aber anderswo längst verfügbar.

Langfristig ist Apple bei der neuen Version von Siri nach Schwierigkeiten offenbar auf einem guten Weg. Ob die Assistenz 2026 dann endlich überzeugen kann, lässt sich derzeit nicht sagen. Einen erneuten Aufschub wird sich das Unternehmen allerdings kaum leisten können, wenn es die Verantwortlichen mit den KI-Ambitionen ernst meinen. Besser wäre es dann, wenn Tim Cook mit seiner Aussage recht behielte. Später am Markt, aber moderner als der Rest. Quelle: t3n


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