Direkt zum Hauptbereich

Stichwahl in der Türkei: Wahllokale geöffnet

Im Rennen um das Präsidentenamt in der Türkei treten Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan und Herausforderer Kemal Kilicdaroglu am Sonntag in einer Stichwahl gegeneinander an. Der 69-jährige Erdogan gilt als Favorit. Er hatte bei der ersten Runde vor zwei Wochen die meisten Stimmen erhalten, verpasste die nötige absolute Mehrheit aber knapp.

Das Ergebnis beim ersten Wahlgang überraschte viele: Umfragen hatten zwar eine Stichwahl vorausgesagt, der 74-jährige Kilicdaroglu galt aber als Favorit. Zwischen Erdogan und seinem Gegner liegen rund 2,5 Millionen Stimmen, die die Opposition nun aufholen will.

1,5 Millionen Menschen in Deutschland wahlberechtigt

Rund 61 Millionen Menschen sind in der Türkei zur Wahl aufgerufen. Wahlberechtigte in Deutschland hatten bereits abgestimmt. Dort waren rund 1,5 Millionen Menschen mit türkischem Pass zur Wahl aufgerufen. Wie bereits 2018 stimmten diejenigen, die ihr Wahlrecht in Deutschland nutzten, mehrheitlich für Erdogan.

Die Wahl gilt als richtungsweisend. Erdogan ist seit 20 Jahren an der Macht. Seit der Einführung eines Präsidialsystems 2018 hat er so viel Macht wie nie zuvor. Kritiker befürchten, dass das Land mit rund 85 Millionen Einwohnern vollends in die Autokratie abgleiten könnte, sollte er erneut gewinnen. Kilicdaroglu tritt für eine Allianz aus sechs Parteien unterschiedlicher Lager an und verspricht, das Land zu demokratisieren. International wird die Abstimmung in dem Nato-Land aufmerksam beobachtet.

Erste Wahlgang galt als unfair

Die erste Wahlrunde galt als grundsätzlich frei aber unfair. Internationale Wahlbeobachter bemängelten etwa die Medienübermacht der Regierung und mangelnde Transparenz bei der Abstimmung. Die Wahlbehörde YSK gilt zudem als politisiert.

Die Abstimmung fällt auf ein für die Opposition symbolisches Datum: Am Sonntag jähren sich auch die regierungskritischen Gezi-Proteste zum zehnten Mal. Die Demonstrationen im Frühjahr 2013 hatten sich zunächst gegen die Bebauung des zentralen Istanbuler Gezi-Parks gerichtet. Sie weiteten sich zu landesweiten Demonstrationen gegen die immer autoritärere Politik Erdogans aus, der damals noch Ministerpräsident war. Dieser ließ die weitestgehend friedlichen Proteste brutal niederschlagen.

Hauptthema der Stichwahl war Migration

Bestimmendes Thema vor der zweiten Runde war das Thema Migration. Sowohl Erdogan als auch Kilicdaroglu sicherten sich die Unterstützung von rechtsnationalen Politikern. Vor allem Kilicdaroglu machte die Rückführung von Flüchtlingen nach Syrien zu seinem Hauptwahlkampfthema und verschärfte seinen Ton gegenüber der ersten Runde deutlich.

Die Türkei beherbergt rund 3,4 Millionen Flüchtlinge alleine aus Syrien. Für Europa spielt sie in der Migrationspolitik eine große Rolle. Weiteres Thema im Wahlkampf war die schlechte wirtschaftliche Lage mit einer massiven Inflation. Erdogan beschimpfte die Opposition immer wieder als «Terroristen».

Erdogan gewann die absolute Mehrheit im Parlament

Im Parlament konnte sich Erdogans Regierungsbündnis bereits bei den Wahlen vor zwei Wochen erneut die absolute Mehrheit sichern. Sollte Kilicdaroglu am Sonntag gewinnen, könnte er die für eine Abschaffung des Präsidialsystems nötige Verfassungsänderung nicht im Alleingang erreichen.

Die Wahllokale in der Türkei öffnen um 7.00 Uhr (MESZ) und schließen um 16.00 Uhr (MESZ). Erste Teilergebnisse, die zunächst wenig Aussagekraft haben, werden noch am Abend erwartet. 

Quelle:Upday

Eine Frau wählt in einem Wahllokal in Istanbul. Foto: Emrah Gurel/AP/dpa

Eine Frau wählt in einem Wahllokal in Istanbul. Foto: Emrah Gurel/AP/dpa


JZ-App
Vorlesen lassen

Kommentare

Beliebte Beiträge

Israel jubelt: Hamas-Geiseln nach 738 Tagen befreit

Auf dem «Platz der Geiseln» in Tel Aviv versammelten sich bereits in den frühen Morgenstunden Hunderte Menschen zur Feier der Geiselfreilassung. Sie trugen Bilder der Geiseln und schwenkten blau-weiße israelische Flaggen. Die Menge wartete gespannt auf die Rückkehr ihrer Landsleute nach 738 Tagen brutaler Geiselhaft. Der 37-jährige Daniel Colodro aus Chile war extra aus Haifa angereist. «Ich bin schon seit gestern Abend hier, ich bin extra aus Haifa gekommen», erzählte der in eine Fahne gehüllte Einwanderer. «Das ist ein historischer Tag, deshalb wollte ich hier vor Ort sein. Wir haben zwei Jahre lang darauf gewartet, deshalb wollte ich dies mit all den Menschen hier erleben. Endlich können wir durchatmen.» Unbändiger Jubel nach erster Freilassung Nach der Bekanntgabe der ersten Freilassungen brach auf dem Platz unbändiger Jubel aus. Im Fernsehen wurden Bilder aus den Häusern der Angehörigen übertragen, die mit großer Freude und Erleichterung auf die Rückkehr ihrer Liebsten reagierten....

ESC-Krise eskaliert - Österreich droht mit Absage

Der nächste Eurovision Song Contest steht vor einer beispiellosen Krise. Der 70. Wettbewerb seit 1956 könnte nicht in Wien stattfinden, weil politischer Druck auf den Österreichischen Rundfunk (ORF) wächst. Die Kanzlerpartei ÖVP um Bundeskanzler Christian Stocker drängt den ORF zur Absage, sollte Israel von der Veranstaltung im Mai ausgeschlossen werden. Besonders Generaldirektor Roland Weißmann steht unter Druck der Regierungspartei. Dem ORF drohen dramatische finanzielle Konsequenzen. Da der Sender die Ausrichtung gegenüber der Europäischen Rundfunkunion (EBU) zugesagt hat, müsste er bis zu 40 Millionen Euro bezahlen, selbst wenn ein anderes Land kurzfristig übernimmt. Nur 22 Millionen Euro würde die Stadt Wien beisteuern - aber auch nur bei einer Austragung in Wien Internationale Boykottdrohungen Mehrere Sender haben bereits mit einem Boykott gedroht, sollte Israel teilnehmen. Irland, Island, die Niederlande, Slowenien und Spanien stellen ihre Teilnahme in Frage, falls Israel nicht ...

EU verhängt 157 Millionen Euro Strafe gegen Gucci und Co

Die EU-Kommission hat gegen die Luxusmodemarken Gucci, Chloé und Loewe Geldstrafen von insgesamt mehr als 157 Millionen Euro verhängt. Die drei Unternehmen hatten jahrelang unabhängigen Händlern vorgeschrieben, zu welchen Preisen sie deren Produkte verkaufen dürfen. «Dieses wettbewerbswidrige Verhalten führt zu höheren Preisen und einer geringeren Auswahl für die Verbraucher», teilte die Brüsseler Behörde mit. Die für Wettbewerb zuständige EU-Kommissionsvizepräsidentin Teresa Ribera betonte, die Entscheidung sende ein starkes Signal an die Modebranche und darüber hinaus. Preisbindung bei Luxusgütern Die drei Modeunternehmen bemühten sich darum, dass ihre Einzelhändler dieselben Preise und Verkaufsbedingungen anwendeten wie in den eigenen Geschäften. Sie machten Vorgaben zu Verkaufspreisen und maximalen Rabatten. Teilweise untersagten die Luxusmarken Preisnachlässe komplett. Die drei Unternehmen handelten unabhängig voneinander, viele Händler verkauften jedoch Produkte aller drei Marken...

Update auf FritzOS 8.2 für weitere Router freigegeben: Ist eure Fritzbox schon dabei?

Der Hardware-Hersteller Fritz gibt das nächste große Update für weitere seiner Router frei. Gleich zwei Fritzboxen und ein Repeater erhalten FritzOS 8.2. Welche anderen Geräte ebenfalls schon auf die Neuerungen zugreifen können. Schon vor einigen Monaten gab es die erste Laborversion von FritzOS 8.2 zum Download. Damals trug der Hersteller der beliebten Router noch den Namen AVM. Unter dem  neuen Namen Fritz  geht auch der Rollout der neuen Softwareversion flott voran. Mittlerweile profitieren einige Fritzboxen und andere Geräte von den  Neuerungen von FritzOS 8.2 . Welche das sind, lest ihr weiter unten. Jetzt hat Fritz die nächsten Geräte für den Versionssprung freigegeben. Für diese Fritzboxen und Repeater steht FritzOS 8.2 jetzt bereit Das Update auf FritzOS 8.2 sollte für die neuen Geräte automatisch heruntergeladen und installiert werden, wenn ihr die entsprechende Option in eurer Fritzbox aktiviert habt. Alternativ könnt ihr das Update manuell anstoßen. Ruft dazu d...

Kartellamt leitet offizielles Verfahren gegen Temu ein

Das Bundeskartellamt hat ein offizielles Verfahren gegen die Whaleco Technology Limited eingeleitet. Das irische Unternehmen mit Sitz in Dublin betreibt den Online-Marktplatz Temu und muss sich nun wegen verdächtiger Geschäftspraktiken gegenüber deutschen Händlern verantworten. Die Behörde untersucht den Verdacht unzulässiger Preisvorschriften. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, erklärte: «Wir gehen dem Verdacht nach, dass Temu unzulässige Vorgaben für die Preisgestaltung der Händler auf dem deutschen Marktplatz machen könnte.» «Solche Vorgaben könnten erhebliche Wettbewerbsbeschränkungen darstellen und letztlich auch Preiserhöhungen auf anderen Vertriebswegen zur Folge haben», warnte Mundt. Das Kartellamt prüft zusätzlich, ob Temu selbst Endverkaufspreise festlegt. Temu reagiert zurückhaltend Das Unternehmen äußerte sich zunächst nicht öffentlich zu den Vorwürfen. Ein Temu-Sprecher teilte auf Anfrage lediglich mit: «Wir halten uns an die geltenden Gesetze und Vorschrifte...