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300.000 Kita-Plätze fehlen in Deutschland – Westen besonders betroffen

In Deutschland fehlen rund 300.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Das zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Betroffen sind 14,2 Prozent der Kinder in dieser Altersgruppe, für die Eltern eine Betreuung wünschen. Die Situation ist laut der Studie besonders «angespannt» in Westdeutschland, während der Osten vor einer anderen Herausforderung steht.

Die regionale Kluft ist erheblich: In Westdeutschland fehlt für 15,6 Prozent der betreuungsbedürftigen Kinder unter drei Jahren ein Platz. In Ostdeutschland liegt die Lücke bei 7,3 Prozent. Eltern wünschen sich Betreuungsplätze für insgesamt 1,1 Millionen Kinder in dieser Altersgruppe. Tatsächlich betreut werden derzeit etwa 800.000 Kinder – ein Rückgang um 56.000 seit dem Höchststand von 857.000 im Jahr 2023.

Große Unterschiede zwischen Bundesländern

Am größten ist der Mangel in Nordrhein-Westfalen: Dort fehlen 85.000 Plätze, was 18 Prozent der Kinder mit Betreuungsbedarf entspricht. Ähnlich kritisch ist die Lage in Bremen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland mit jeweils knapp 19 Prozent. Auch Hessen (16,8 Prozent) und Niedersachsen (16,3 Prozent) weisen erhebliche Defizite auf.

Deutlich besser sieht es in ostdeutschen Bundesländern aus: Mecklenburg-Vorpommern verzeichnet nur vier Prozent fehlende Plätze, Sachsen-Anhalt 4,3 Prozent und Brandenburg 6,1 Prozent. Berlin konnte die Lücke binnen fünf Jahren um fast vier Prozentpunkte auf 10,6 Prozent senken.

Ostdeutschland droht Überkapazität

Die niedrigen Zahlen im Osten haben einen besonderen Grund: Die Geburtenrate ist dort dramatisch gesunken. «Hier ist die Zahl der unter Dreijährigen seit 2019 mit einem Rückgang um fast 20 Prozent regelrecht eingebrochen», heißt es in der Studie. Trotz der sinkenden Nachfrage fehlen in Ostdeutschland noch 25.000 Plätze.

Eine Reduzierung der Kita-Kapazitäten in ostdeutschen Bundesländern sei «unausweichlich», prognostiziert die Studie. Die Forscher empfehlen, bestehende Gebäude und Standorte zu erhalten und vorübergehend für andere Zwecke zu nutzen – etwa als Jugendzentren oder Clubhäuser. So könnten die Einrichtungen bei Bedarf wieder in Betreuungsangebote umgewandelt werden.

Forderung nach Qualität und Ausbau

Das Institut der deutschen Wirtschaft fordert die Politik auf, die Betreuungsinfrastruktur besonders in Westdeutschland weiter auszubauen. Zugleich müsse die Qualität verbessert werden. IW-Experte Wido Geis-Thöne betont: «Gerade für Kinder aus bildungsfernen Haushalten ist der Besuch einer Kita entscheidend für den weiteren Bildungsweg.» Oft seien die Gruppen zu groß, vor allem in Ostdeutschland.

Die Zahlen der aktuellen Studie ähneln denen des Vorjahres: Damals hatte das arbeitgebernahe Institut 306.000 fehlende Plätze ermittelt, was 13,6 Prozent der Kinder mit Betreuungsbedarf entsprach. Der Ausbau komme «derzeit kaum voran». 





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