Eine Finanzlücke bei der bundeseigenen Autobahngesellschaft könnte erhebliche Folgen für Autofahrer haben. Die dringend notwendige Brückenmodernisierung und die Streckenerhaltung seien gefährdet, heißt es in einem Schreiben der Geschäftsführung der Autobahn GmbH an den Aufsichtsratsvorsitzenden Stefan Schnorr, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium.
Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Der Gesamtbetriebsrat der Autobahn GmbH warnte, ohne eine verbindliche und langfristige Finanzierungszusage drohe ein Investitionsstau.
Sicherer Betrieb aktuell gewährleistet
Ein Sprecher der Autobahn GmbH sagte, der sichere Betrieb der Autobahnen sei aktuell gewährleistet. «Damit dies so bleibt, müssen für die Zukunft erhebliche Investitionen getätigt werden.»
Hintergrund der aktuellen Finanzlücke ist, dass der Bundeshaushalt 2025 bisher nicht beschlossen wurde. Geplant ist dies für September. Seit Januar gilt eine sogenannte vorläufige Haushaltsführung, was neue Projekte erschwert.
Ausschreibungsstopp bereits verhängt
Die Autobahn GmbH hatte vor mehr als einer Woche einen sofortigen Ausschreibungsstopp für das Jahr 2025 verhängt. Vor Inkrafttreten des Bundeshaushalts habe die Autobahn GmbH keine zusätzlichen Mittel, hieß es. Die GmbH ist zuständig für Planung, Bau und Betrieb der Autobahnen.
Ein Fokus liegt auf der Sanierung der vielen maroden Brücken in Deutschland. Das kostet Milliarden. In dem Schreiben der Geschäftsführung vom 7. Juli heißt es, eine enge Zweckbindung des Sondervermögens in Verbindung mit der Verschiebung von Haushaltsmitteln in das Sondervermögen habe zur Folge, dass die im Sondervermögen veranschlagte Summe für die Brückenmodernisierung im Jahr 2025 nicht vollständig mit Projekten unterlegt werden könne.
Kürzung von 600 Millionen Euro
So träte faktisch eine Kürzung der investiven Haushaltsmittel in Höhe von rund 600 Millionen Euro gegenüber dem Kabinettsentwurf ein. Dies habe Auswirkungen auf die Mittelverwendung im Jahr 2025, heißt es weiter. Sämtliche verfügbaren Investitionsmittel seien durch laufende Baumaßnahmen gebunden.
Ein Eingriff in laufende Baumaßnahmen werde «wahrscheinlich». Weiter heißt es in dem Schreiben, der sichere Betrieb der Autobahnen sei durch zu wenig Geld im sogenannten Rechnungskreis 1 gefährdet. Dieser ist zentral für Planungsleistungen und Personal.
Ministerium dementiert Baustopp
Eine Sprecherin des Verkehrsministeriums sagte, ein Teil der Haushaltsmittel 2025 stehe nicht sofort, sondern erst mit der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes zur Verfügung. Die Bundesregierung suche «kurzfristig» nach Lösungen, um gegebenenfalls Mittel vorzeitig zur Verfügung zu stellen.
Laufende Projekte und laufende Vergaben würden ebenso wie Maßnahmen, die der Sicherstellung der Verkehrssicherheit dienten, «selbstverständlich» fortgesetzt. Das gelte auch für laufenden Ausschreibungen für die Sanierungen von Brücken. «Es gibt auch keinen Baustopp.» Ein Sprecher der Autobahn GmbH sagte, die Ringbahnbrücke und die Westendbrücke in Berlin seien finanziert.
Frustration bei Mitarbeitern steigt
Der Gesamtbetriebsrat nehme den Ausschreibungsstopp mit großer Sorge zur Kenntnis, heißt es in dem Schreiben an Schnorr vom 15. Juli, welches der dpa vorliegt. «Langfristige Bauprojekte erfordern nicht nur technisches Know-how, sondern vor allem eine stabile und dauerhafte Finanzierungsgrundlage, auf die sich alle Beteiligten uneingeschränkt verlassen können.»
Die Belegschaft erlebe, wie politische und haushaltsrechtliche Rahmenbedingungen ihre Arbeit ausbremsten. «Diese Unsicherheit führt zu Frustration, beeinträchtigt die Motivation und gefährdet langfristig den Erhalt von Fachwissen und Arbeitsplätzen.» Das Bundesfinanzministerium hatte erklärt, auch während der aktuellen vorläufigen Haushaltsführung könnten Mittel bereitgestellt werden.
Deges warnt vor Mehrkosten
Die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges) warnte in einem Schreiben an die Autobahn GmbH wegen einer Finanzierungslücke von 670 Millionen Euro in diesem Jahr vor Baustopps bei Projekten. Vorrangiges Ziel der Deges werde es sein, in Abstimmung mit den betroffenen Auftragnehmern eine Streckung beziehungsweise Unterbrechung von Maßnahmen zu erreichen.
«Zeitverluste und Mehrkosten aufgrund von Bauzeitverlängerung sowie Zins- und Schadensersatzforderungen sind dabei unvermeidlich», heißt es weiter. Es seien keine Vergaben mehr möglich. Zuvor hatte die «Bild»-Zeitung darüber berichtet. Quelle: dpa
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