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Erstmals Streik in Kölner Ford-Werken

Bei den fast hundert Jahre alten Kölner Ford-Werken kommt es erstmals zu einem Streik. Die Protestaktion gegen einen geplanten Stellenabbau an dem Standort mit 11.500 Beschäftigten soll am Mittwochmorgen beginnen und bis Ende der Nachtschicht am Donnerstagmorgen dauern, wie die IG Metall mitteilte.

Das Management möchte bis Ende 2027 2900 Arbeitsplätze streichen, um Kosten zu senken. Dagegen läuft die Gewerkschaft Sturm. Sie wirft der Firmenspitze eine Konzeptlosigkeit vor, die den Fortbestand der traditionsreichen Ford-Deutschlandtochter gefährde. Die IG Metall setzt sich für einen Sozialtarifvertrag ein, der hohe Abfindungen und finanzielle Sicherheiten für die Belegschaft vorsieht.

Ford Elektroautos vom Typ Explorer stehen beim Produktionsstart in der Halle. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Ford Elektroautos vom Typ Explorer stehen beim Produktionsstart in der Halle. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Urabstimmung ergibt hohe Zustimmung

Im März und April hatte es bereits Warnstreiks gegeben, danach blieben die Verhandlungen festgefahren. Daraufhin führte die IG Metall in der vergangenen Woche erstmals eine Urabstimmung bei den Ford-Werken durch. 93,5 Prozent der bei Ford tätigen IG-Metall-Mitglieder erklärten sich in der Befragung bereit für Streiks, um den Druck auf das Management zu erhöhen und ihre Forderungen durchzusetzen. «Es ist Zeit für den Arbeitgeber, sich zu bewegen und eine Gesamtlösung für die Belegschaft in Köln hinzubekommen», sagte der Betriebsratschef von Ford Deutschland, Benjamin Gruschka.

Die Einflussmöglichkeiten des deutschen Managements der Ford-Werke GmbH sind begrenzt, da das Unternehmen letztlich abhängig ist von seiner US-Konzernmutter. Der Mutterkonzern hat unlängst eine Art Bürgschaft aufgekündigt und damit den Druck auf die Deutschlandtochter erhöht.

Autogeschäft ist Sorgenkind für US-Mutterkonzern

Der US-Konzern Ford ist stark im Geschäft mit Pick-ups und Nutzfahrzeugen wie dem Transporter Transit. Das auf Europa fokussierte Autogeschäft ist aber nur ein Nebenarm des US-Herstellers, der damit seit langem Verluste macht. Jahrzehntelang war der in Köln hergestellte Kleinwagen Ford Fiesta zwar ein Verkaufserfolg, doch das Blatt wendete sich allmählich. 2023 wurde dessen Produktion eingestellt.

Der Konzern fertigt in Köln mittlerweile zwei Elektroautos, deren Verkauf deutlich unter den Erwartungen blieb. Investitionen über knapp zwei Milliarden Euro in die neue Elektroauto-Produktion zahlten sich bislang nicht aus. Der Ford-Anteil an den neu zugelassenen Autos in Deutschland lag Behördenzahlen zufolge 2024 nur noch bei 3,5 Prozent und damit 1,5 Prozentpunkte niedriger als 2022. Die Ford-Werke bekommen von der US-Mutter zwar mehrere Hundert Millionen Euro für weitere Investitionen in einem Zeitraum von vier Jahren, nach Einschätzung von Branchenfachleuten ist das aber viel zu wenig.

Von den 11.500 Ford-Mitarbeitern in Köln sind nach Gewerkschaftsangaben etwa 4500 in der Fertigung und 3500 in der Produktentwicklung tätig. In einem Ersatzteilzentrum sind circa 1700 Menschen beschäftigt. Hinzu kommen noch die Verwaltung und andere Bereiche.

In den vergangenen Monaten hatte es in Teilen der Produktion zeitweise Kurzarbeit gegeben, diese Phase ist Ende Mai beendet worden. Die Auswirkungen der Streiks auf die Kölner Ford-Werke dürften gravierend sein, da die allermeisten Mitarbeiter Gewerkschaftsmitglieder sind und der Unmut über die aktuelle Situation groß ist in der Belegschaft.

Experten sind skeptisch

Nach Einschätzung von Branchenfachleuten hat Ford mit seinem Pkw-Geschäft in Europa eine düstere Zukunft. «Die Lage ist schlecht und die Perspektive noch schlechter», sagt der Direktor des Bochumer Autoinstituts CAR, Ferdinand Dudenhöffer. «Ford ist im Pkw-Bereich zu klein, als dass es in Europa ertragreich arbeiten könnte - das ist jetzt so und das wird sehr wahrscheinlich auch künftig so sein.» Die verkauften Stückzahlen seien zu gering und die Personalkosten zu hoch. Ford verliere in Deutschland und Europa schon seit langem Marktanteile. «Ford schrumpft und schrumpft.»

Es gebe zwei Lösungen, so Dudenhöffer: Der US-Mutterkonzern könnte sein europäisches Autogeschäft verkaufen. «Dann wäre man das Problem los.» In Köln könnte die Autoproduktion erhalten bleiben, die Entwicklungsabteilung und Verwaltungsbereiche würden hingegen in die Zentrale des Käufers abwandern. Der zweite Lösungsweg wäre, mit einem anderen Autobauer ein Gemeinschaftsunternehmen zu gründen und dadurch auf höhere Stückzahlen und niedrigere Kosten zu kommen. «Dann wird man vielleicht endlich wettbewerbsfähig», sagt Dudenhöffer. Ein möglicher Partner wäre Renault.

Der Direktor des Center of Automotive Management, Stefan Bratzel, sieht noch einen dritten Weg. «Der US-Mutterkonzern müsste Milliarden in die Entwicklung und Produktion neuer Elektroautos und in eine Aufwertung des Markenimages stecken.» Die Ford-Zentrale in den USA müsste eine Entschlossenheit an den Tag legen, die sie in den vergangenen Jahren habe vermissen lassen.

Für seine zwei Elektroauto-Modelle in Köln kauft Ford zentrale Bauteile von Volkswagen. «Die Wertschöpfung für Ford ist dadurch nicht sehr tief, was das Geschäft wenig attraktiv macht», sagt Bratzel. Ford habe zu spät und dann auch nur mit halber Kraft auf das Thema E-Mobilität gesetzt. Die Perspektive für Ford in Europa sei auch deshalb schlecht, da der Wettbewerb in Europa noch zunehmen werde – chinesische Anbieter drängten auf den Markt. Quelle: dpa







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