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Hamburger Hafen in der Krise: Warum der MSC-Deal so umstritten ist

Die Hamburgische Bürgerschaft schickt sich an, am Mittwoch dem umstrittenen Deal zum Einstieg der weltgrößten Reederei MSC beim Hafenlogistiker HHLA als letzte Instanz zuzustimmen. Gibt die rot-grüne Koalition grünes Licht, kann ein über mindestens 40 Jahre laufender Vertrag in Kraft treten. Die Opposition will die endgültige Entscheidung noch bis nach der Sommerpause hinauszögern, indem sie die zweite Lesung am Mittwoch verweigert. An der Zustimmung der Bürgerschaft zu dem mindestens 40 Jahre laufenden Vertrag besteht angesichts der rot-grünen Zweidrittelmehrheit jedoch kein Zweifel. Doch worum geht es bei dem Geschäft überhaupt? Ein Überblick:

Wer ist die HHLA?

Die Hamburger Hafen und Logistik AG, kurz HHLA, ist nicht irgendein Umschlagbetrieb. Das aus der 1885 gegründeten Hamburger Freihafen-Lagerhaus-Gesellschaft (HFLG) hervorgegangene Unternehmen ist das Herz des Hamburger Hafens. So wurden an seinen drei Containerterminals – Tollerort, Altenwerder und Burchardkai – im vergangenen Jahr rund 5,9 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen, rund 77 Prozent des Hamburger Gesamtumschlags. Darüber hinaus ist die HHLA mit ihren knapp 6800 Beschäftigten engagiert bei Terminals im ukrainischen Hafen Odessa, im italienischen Triest sowie im estnischen Hafen Muuga.

Ein Container wird auf dem Container-Terminal Altenwerder im Hamburger Hafen mit einer Containerbrücke auf ein Schiff geladen. Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Ein Container wird auf dem Container-Terminal Altenwerder im Hamburger Hafen mit einer Containerbrücke auf ein Schiff geladen. Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Mindestens genauso wichtig wie die Terminals sind für die HHLA ihre Unternehmen zum Weitertransport der Container auf der Straße und der Schiene. Für Bahntransporte hat die HHLA ihre Tochter Metrans. Eine Kuriosität und der Geschichte geschuldet ist das Engagement des Hafenlogistikers im Immobilienbereich, unter anderem mit Unesco-Weltkulturerbe Speicherstadt.

Wie geht es der HHLA?

Die Lage ist schwierig. Als international ausgerichtetes Unternehmen treffen die Krisen der Welt die HHLA oft unmittelbar und hart. So blieb im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von rund 1,45 Milliarden Euro gerade mal ein Gewinn von 20 Millionen Euro übrig. Der Containerumschlag ging um 7,5 Prozent zurück, der Containertransport um 5,4 Prozent – und bestätigte damit anders als bei den Hauptkonkurrenzhäfen Rotterdam und Antwerpen einen seit der Weltfinanzkrise 2008 mal mehr mal weniger anhaltenden Trend. Im ersten Quartal dieses Jahres ist die HHLA sogar in die roten Zahlen gerutscht.

Hinzu kommen Umbrüche bei den großen Reedereien, die sich etwa wie Maersk und Hapag-Lloyd in der «Gemini Cooperation» zusammenschließen und zum Ärger der HHLA künftig vorrangig Häfen anlaufen wollen, in denen sie selbst Terminals besitzen oder kontrollieren – in Deutschland etwa Bremerhaven und Wilhelmshaven. Dabei braucht die HHLA dringend Geld für die Modernisierung und Automatisierung ihrer Terminals.

Was tun?

Hamburgs rot-grüner Senat – die Stadt hielt bislang rund 70 Prozent der Aktien, der Rest war in Streubesitz – entschied sich für eine Rosskur bislang ungekannten Ausmaßes. Im September wurde überraschend verkündet, dass die weltgrößte Reederei MSC bei der HHLA einsteigen und künftig 49,9 Prozent des Unternehmens halten werde. Die Stadt werde ihren Anteil auf 50,1 Prozent reduzieren.

Was ist genau verabredet?

Für knapp die Hälfte der Anteile wird die Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) ihr Ladungsaufkommen an den HHLA-Terminals laut einer Drucksache der Bürgerschaft von 2025 an erhöhen und bis 2031 auf eine Million TEU pro Jahr steigern. Außerdem werde sie in der Hafencity eine neue Deutschlandzentrale bauen, in die auch die Kreuzfahrtsparte MSC Cruises einziehen werde; die Mitarbeiterzahl werde sich mit zusätzlich 700 Jobs in Hamburg mehr als verdoppeln.

Zudem wollen MSC und die Stadt das Eigenkapital der HHLA um 450 Millionen Euro erhöhen. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sagte, im Vordergrund der Verhandlungen für den über mindestens 40 Jahre laufenden Vertrag hätten zwei Punkte gestanden: «Wir müssen die Mehrheit behalten und wir müssen die Mitbestimmung gewährleisten.» Beides sei erreicht. «Wir haben als Stadt auch weiterhin das Vorschlagsrecht für die CEO- und die Aufsichtsvorsitz-Positionen.»

Was passierte nach der Ankündigung?

Kurz: Es brach ein Sturm der Entrüstung los. Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter gingen mehrmals auf die Straße, machten in wütenden Demonstrationen ihrem Ärger Luft, schreckten gar vor einem wilden Streik nicht zurück. Betriebsräte, die Gewerkschaft Verdi, ja selbst Sachverständige warnten in Expertenanhörungen und in einer Öffentlichen Anhörung der Hamburgischen Bürgerschaft vor einem «historischen Fehler». Vor allem das Geschäftsgebaren von MSC steht im Feuer. Ist MSC doch nicht gerade für ein Engagement in Sachen Mitbestimmung bekannt, feuerte in einem Tochterunternehmen in Hamburg auch schon mal einen früheren Betriebsratschef.

Wo entzündete sich die Kritik am MSC-Deal noch?

Am Preis. Etliche Kritiker sind sich sicher, dass der ausgehandelte Preis von 16,75 Euro pro Aktie und damit knapp 233 Millionen Euro für die städtischen HHLA-Anteile viel zu niedrig angesetzt sind. So sagte der frühere Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Gunter Bonz, dem «Hamburger Abendblatt»: «Glückwunsch an MSC. Das Unternehmen hat alles richtig gemacht und den Senat nach Strich und Faden über den Tisch gezogen.» Die HHLA sei viel mehr wert, allein die Metrans schon zwei Milliarden Euro. Quelle: dpa



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