Direkt zum Hauptbereich

Kamala Harris als TikTok-Hype: Wie Social Media den US-Wahlkampf verändert

In den vergangenen Tagen ging im US-Wahlkampf alles rasend schnell. Nicht nur politisch, auch popkulturell. Seit Kamala Harris als wahrscheinliche Kandidatin der Demokraten ins Rampenlicht getreten ist, entstand in sozialen Medien mit immer neuen Memes und Videos der 59-Jährigen ein regelrechter Hype. Harris wird zu einer Erscheinung in der Popkultur  das spiegelt die gegenwärtige Euphorie unter liberalen Amerikanern angesichts der frischen Bewerberin wider. Und das könnte ein echter Faktor im Kampf um das Weiße Haus werden.

US-Vizepräsidentin Kamala Harris kommt auf dem internationalen Flughafen von Indianapolis in Indianapolis an. Harris ist in Indianapolis, um eine Grundsatzrede bei der Veranstaltung "Grand Boul'" der Zeta Phi Beta Sorority, Inc. zu halten. Foto: Brendan Smialowski/AFP Pool via AP/dpa
US-Vizepräsidentin Kamala Harris kommt auf dem internationalen Flughafen von Indianapolis in Indianapolis an. Harris ist in Indianapolis, um eine Grundsatzrede bei der Veranstaltung "Grand Boul'" der Zeta Phi Beta Sorority, Inc. zu halten. Foto: Brendan Smialowski/AFP Pool via AP/dpa

Eine Flut an Memes und schnell geschnittenen Videos ist auf der Plattform Tiktok normalerweise eher Popstars vorbehalten, doch bewerben sie dieser Tage Politikerin Harris mit treibenden Beats, schnellen Schnitten und visuellen Effekten. Die Clips zeigen sie auf spielerische Weise charmant und nahbar, wie etwa beim Tanzen oder Lachen – oder sie spielen auf viral gegangene Äußerungen der Vizepräsidentin an.

Sieht für manche vielleicht albern aus, ist aber wichtiger Teil der politischen Kommunikation, denn mit diesen Formaten kann vor allem die jüngste Wählergruppe der Gen Z – der Generation zwischen etwa 12 und 27 Jahren – erreicht werden. Und mehr noch: Wer es schafft, ganz normale Leute zur Produktion und zum Teilen von Inhalten zu bewegen, der inspiriert und fasziniert. Und wer inspiriert und fasziniert, wird häufig gewählt.

Was Memes sind, weiß mittlerweile so gut wie jeder, doch vor allem Tiktok hat den Inhalten neue Dimensionen hinzugefügt. Remixe von Videos, unterlegt mit Musik und Effekten, Kommentare während des eigentlichen Clips, eigene Schnittfolgen und verrückte Mash-ups (Musik-Arrangements): Die Gestaltungsfreiheit für eigene Inhalte durch die Nutzer kennt fast keine Grenzen.

«Die Videos sind so absurd, dass sie funktionieren», sagte die politische Influencerin Annie Wu Henry, die Tiktok-Kampagnen für prominente Demokraten steuert, zuletzt der «Washington Post». Die Clips zögen Nutzer an und motivierten sie, sich weiter mit ihnen und ihren Inhalten zu beschäftigen.


Einer der größten Harris-Renner ist dabei aus einer alten Rede: Die frühere kalifornische Generalstaatsanwältin zitierte darin ihre Mutter. Diese habe gesagt: «Glaubt ihr, ihr seid einfach von einer Kokospalme gefallen?» Harris' Mutter wollte damit ausdrücken, dass nichts im luftleeren Raum passiert und der Kontext entscheidend ist.

Das ursprüngliche Video ist skurril und könnte Harris leicht als unbeholfen oder bizarr ausgelegt werden. Stattdessen aber hat sich der Social-Media-Mainstream darauf geeinigt, es großartig zu finden – liebenswert und gewinnend zugleich.

Ein «Brat»-Sommer für Kamala?

Dazu passt eine öffentliche Unterstützung, die Harris unter Jungwählern vielleicht mehr nutzt als die von Barack und Michelle Obama. Popstar Charli XCX postete am Sonntag auf der Plattform X: «kamala IS brat». Brat, sollte man nun wissen, ist nicht nur der Name des jüngsten Albums des britischen Popstars, sondern beschreibt auch eine Lebenseinstellung. Brat ist jemand, der mutig ist, Risiken eingeht, Ecken und Kanten hat und dabei authentisch bleibt. Wörtlich übersetzt bedeutet «brat» Göre.

Trump mit ebenso großem Einfluss – aber anderem Zugang

Die (versuchte) Glorifizierung von Kandidaten ist in den USA zudem Teil des Wahlkampfs. Harris muss darauf hoffen, dass sie in sozialen Medien ein Selbstläufer wird und die Memes ohne Ende kostenlos Werbung für sie machen. Der Kampf um die Beliebtheit im Internet ist ohnehin offen, denn der republikanische Präsidentschaftskandidat Trump hat eine große Präsenz und eine eigene Armee an Unterstützern, die seine Auftritte zusammen mit vielen weiteren Nutzern zu jenen tragen, die längst kein Fernsehen mehr schauen und erst recht keine Zeitung lesen.

Botschaft und Format könnten hier jedoch nicht unterschiedlicher sein: Trump und seine Fans fokussieren sich Experten zufolge selten auf Schrilles und Albernes, sondern heben auf die Polarisierung des Diskurses ab und greifen politische Gegner aggressiv an. Trumps jüngstes Tiktok-Video etwa, gelikt von fast einer Million Menschen, ist ein Zusammenschnitt von einem Wahlkampfauftritt, unterlegt mit dem Trump-Zitat: «Du bist schrecklich in allem, was du getan hast, du bist ultraliberal, wir wollen dich hier nicht, wir wollen dich nirgendwo.» Und schließlich: «Kamala, du bist gefeuert, verschwinde von hier.» Quelle: dpa




JZ-App
Vorlesen lassen

Kommentare

Beliebte Beiträge

iPhone: Das kannst Du von iOS 26.1 erwarten – und dann kommt es wahrscheinlich

Apple wird voraussichtlich nächste Woche das erste größere Update für iOS 26 veröffentlichen. Die vierte Beta-Version gibt bereits Einblicke in die kommenden Verbesserungen. Apple steht kurz vor der Veröffentlichung des ersten größeren Updates für iOS 26. Das Update soll in der kommenden Woche erscheinen und behebt mehrere Probleme, die mit der Einführung des neuen Designkonzepts „Liquid Glass“ aufgetreten sind. Die vierte Beta-Version für Entwickler und öffentliche Tester zeigt bereits die wichtigsten Änderungen. Wecker-Problem wird behoben Eine der dringendsten Korrekturen betrifft die Wecker-Steuerung. In iOS 26 hatte Apple das Interface so verändert, dass die Knöpfe zum Abschalten und Schlummern leicht verwechselt werden konnten – im schlimmsten Fall führte dies zum Verschlafen. Mit iOS 26.1 kehrt Apple zu einer bewährten Methode zurück: Neben dem Schlummern-Knopf muss nun ein Schiebeschalter betätigt werden, um den Wecker vollständig auszuschalten. Liquid Glass wird lesbarer Das n...

Meta und TikTok drohen EU-Milliardenstrafen nach Rechtsverstößen

Die Europäische Kommission hat vorläufige Verstöße gegen EU-Digitalrecht bei Facebook, Instagram und TikTok festgestellt. Den drei Plattformen drohen hohe Geldstrafen wegen mangelnder Datentransparenz, sofern sie nicht noch entlastendes Material vorlegen oder entsprechende Anpassungen vornehmen. Alle drei sozialen Netzwerke gewähren Forschern nach Ansicht der EU-Behörde unzureichende Einblicke in ihre Daten. Diese öffentlich zugänglichen Datensätze sollen Wissenschaftlern ermöglichen, beispielsweise die Auswirkungen gewaltverherrlichender Inhalte auf Kinder zu untersuchen. Eine TikTok-Sprecherin erklärte, Datenschutzbestimmungen und die Anforderungen des Gesetzes über digitale Dienste stünden im Widerspruch. «Wenn es nicht möglich ist, beide Vorschriften vollständig einzuhalten, fordern wir die Behörden dringend auf, Klarheit darüber zu schaffen, wie diese Verpflichtungen in Einklang gebracht werden können», so die Sprecherin. Zusätzliche Vorwürfe gegen Meta Gegen die Meta-Plattformen ...

Cambridge und Meta: Forscher suchen die maximale Pixelauflösung der Augen

Mit den Ergebnissen aus der Studie stellen die Forscher auch die These auf, dass viele Wohnzimmer gar keinen  4K -Fernseher bräuchten. Ist es sinnvoll, einen Fernseher mit einer Auflösung von 4K oder 8K ins Wohnzimmer zu stellen? Laut einem Forschungsteam der University of Cambridge und von Meta ist das nicht immer der Fall. In der  Studie (PDF) (öffnet im neuen Fenster)   wurde untersucht, welche Auflösung das menschliche Auge wirklich hat. Ein Ergebnis:  "Für ein durchschnittliches britisches Wohnzimmer, in dem das TV 2,5 Meter vom Sofa entfernt steht, würde ein 44-Zoll-Fernseher mit 4K oder 8K keinen zusätzlichen Vorteil gegenüber einem gleich großen QHD-TV (2.560 x 1.440 Pixel) bieten" , schreibt das Team. Tabelle für die richtige Auflösung Generell gibt es ein Verhältnis zwischen dem Abstand zum Bildschirm und der dargestellten Auflösung, was auch bereits bekannt ist. Die Forscher haben dafür auch eine spezielle Matrix erstellt, mit der sich der Abstand zu ...

Schluss mit werbefreier Navigation: Apple soll Anzeigen in Maps planen

Apple ist anscheinend kurz davor, Werbung in Apple Maps einzuführen. Dabei orientiert sich das US-Unternehmen angeblich am App-Store. Die große Frage lautet: Wie reagieren die Nutzer:innen darauf? Das Gerücht steht schon seit mehreren Jahren im Raum: Früher oder später wolle Apple in seiner Karten-App Apple Maps Werbung einbauen, um diese zu monetarisieren. Jetzt scheint es bald so weit zu sein. Unternehmen können für prominentere Platzierung bezahlen Laut dem Bloomberg-Journalisten Mark Gurman, der in Sachen Apple-News seit Jahren sehr gut informiert ist, erwägt Apple, ab 2026 Werbung in die Apple-Maps-Suche zu integrieren. Dies sei Teil einer größeren Initiative des US-Unternehmens, mehr Werbung auf iOS zu bringen. Laut Gurman können Unternehmen wie beispielsweise Geschäfte oder Restaurants dann für eine prominentere Platzierung in der Apple-Maps-Suche bezahlen. Gurman beschreibt dies als „ziemlich ähnlich“ zur Funktionsweise von Werbung im App-Store, wo Entwickler:innen bezahlen...

Musk startet Wikipedia-Konkurrenz Grokipedia - kopiert aber Inhalte

Elon Musk hat mit Grokipedia eine Alternative zu Wikipedia gestartet. Der Tech-Milliardär behauptet über seine neue Online-Enzyklopädie, sie sei bereits «besser als Wikipedia» - obwohl sich die Plattform erst in der Entwicklungsphase «Version 0.1» befindet. Die von Musks AI-Firma xAI entwickelte Plattform ähnelt Wikipedia in Design und Aufbau. Grokipedia verfügt über eine Suchleiste und Artikel mit Quellenangaben. Die Inhalte werden von Musks Chatbot Grok auf Fakten überprüft, wobei unklar bleibt, welche Quellen die KI für ihre Bewertungen nutzt. Kritik und Reaktionen Nutzer entdeckten schnell, dass einige Grokipedia-Artikel direkt von Wikipedia stammen. Entsprechende Beiträge tragen den Hinweis «adaptiert». Die Wikimedia Foundation, die hinter Wikipedia steht, äußerte sich zurückhaltend: «Wir sind immer noch dabei, zu verstehen, wie Grokipedia funktioniert.» Hintergrund der Konkurrenz Musk kritisiert Wikipedia seit längerem wegen angeblicher politischer Voreingenommenheit und mangelnd...