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Revolution: Finanzamt übernimmt Steuererklärung für Bürger

Das Finanzamt Kassel erstellt ab sofort die Steuererklärung für 6000 ausgewählte Bürger - automatisch und ohne deren Zutun. Ende August erhalten sie statt eines Erinnerungsschreibens einen fertigen Steuerbescheid-Vorschlag. Wer nichts unternimmt, bekommt nach vier Wochen automatisch seinen Bescheid.

«Die Steuer macht jetzt das Amt: Davon dürften viele träumen», sagte Hessens Finanzminister Alexander Lorz (CDU) bei der Präsentation des bundesweit einmaligen Projekts. Das lästige Ausfüllen der Blätter und Felder im Steuerportal ELSTER entfällt komplett.



Getestet wird an einer kleinen Gruppe, was irgendwann bundesweit funktionieren soll. Alles geschieht automatisch - sofern der Bürger dies will. Ziel ist es, die Finanzverwaltung effizienter zu machen und Bürger wie Beamte gleichermaßen zu entlasten.

Revolution der Steuerverwaltung

«Das hat das Zeug, das Verhältnis von Bürgerinnen und Bürgern und des Finanzamts zu revolutionieren», erklärte Lorz. Bei den meisten Steuerpflichtigen wüssten die Finanzbeamten aufgrund vorliegender Daten genau, was geltend gemacht werde. Die Finanzbeamten sollen sich auf schwierige, komplexe Fälle konzentrieren.

Ausgewählt wurden gezielt Arbeitnehmer, die eigentlich zur Abgabe verpflichtet sind - etwa weil sie mehrere Arbeitgeber haben oder Kurzarbeitergeld bekommen. Das Projekt zielt auf einfache Steuerfälle ohne zusätzliche Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung ab.

Wer mit dem Vorschlag nicht einverstanden ist, kann Angaben ergänzen oder eine eigene Steuererklärung einreichen. Der Vorschlag soll wie ein normaler Steuerbescheid aufgebaut sein.

Internationale Vorbilder zeigen den Weg

An Vorbildern mangelt es in Europa nicht. In Österreich wird seit 2017 jeder automatisch veranlagt, der bis Juni keine Erklärung abgegeben hat. In Estland dauert die Steuererklärung für Arbeitnehmer durchschnittlich nur drei bis fünf Minuten.

«Wenn uns mutmaßlich bereits alle notwendigen Steuerdaten vorliegen, um einen Vorschlag für die Steuererklärung zu erstellen, ist es nur logisch, diese Möglichkeit zu nutzen», sagte die zuständige Oberfinanzpräsidentin Konstanze Bepperling. Sie sprach von einer spürbaren Entlastung für alle Bürger.

Die Finanzbehörden verfügen bereits heute über viele Informationen - Lohnsteuerbescheinigungen, Rentenleistungen, Krankenversicherungsbeiträge. Diese müssen nicht mehr selbst eingetragen, sondern nur noch geprüft werden.

Fachkräftemangel als Treiber

Die Deutsche Steuergewerkschaft warnt vor einem massiven Personalmangel. Bis 2030 könnten rund 45.000 Beschäftigte fehlen - jeder Dritte im Vergleich zu heute. «Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Steuerverwaltung neu zu denken», sagt Vorstand Florian Köbler.

Er begrüßt den hessischen Vorstoß als wichtigen Schritt. Künftig sollen die meisten Arbeitnehmer und Rentner überhaupt keine Steuererklärung mehr abgeben müssen. Köbler schwebt vor, dass alle Ausgaben bereits beim monatlichen Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden.

Die seit diesem Jahr verpflichtende elektronische Rechnung soll dafür die Basis bilden. Aus elektronisch vorliegenden Daten könnte in Echtzeit der Steuervorteil errechnet werden.

Verpasste Rückerstattungen

Laut einer Analyse der Ludwig-Maximilians-Universität München verzichten rund 60 Prozent der Steuerpflichtigen ohne weitere Einkünfte auf die Abgabe einer Steuererklärung. Vor allem Bürger mit niedrigem Einkommen geben selten eine Erklärung ab.

Dabei verpassen sie durchschnittlich 119 Euro Rückerstattung pro Jahr. Der Grund: Arbeitgeber führen oft zu viel Lohnsteuer ab, da Pauschbeträge nicht korrekt berücksichtigt werden.

Das Pilotprojekt wird erste Antworten liefern, wie Bürger auf solche automatischen Vorschläge reagieren. Idealerweise soll sich kein Arbeitnehmer länger als ein paar Minuten pro Jahr mit seinen Steuern beschäftigen müssen. Quelle: dpa







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