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Bundeswehr ändert Strategie: Es gibt keinen zweiten Sieger

Der Ukraine-Krieg hat die Einsatzstrategie der Bundeswehr grundlegend verändert. «Wirkung geht vor Deckung, denn es gibt keinen zweiten Sieger», sagt Generalleutnant Alfons Mais, Inspekteur des Heeres. Im Verteidigungsfall sei es keine Option mehr, in einem sicheren Feldlager zu warten.

Während die Bundeswehr früher auf Auslandseinsätze ausgerichtet war, stehen nun wieder Landes- und Bündnisverteidigung im Zentrum. In Litauen wird eine gefechtsbereite deutsche Brigade stationiert. Debattiert wird über mögliche deutsche Sicherheitsgarantien für die Ukraine.

Ernsthaftere Nachwuchswerbung

Auch die Rekrutierung ist wieder militärischer geworden - weg vom Auftreten als normaler Arbeitgeber. «Ich glaube, dass unsere Soldatinnen und Soldaten alle wissen, was da auf sie zukommen kann», erklärt Mais der Deutschen Presse-Agentur. Die jungen Leute seien viel ernsthafter geworden.

«Jemand, der sich heute zur Bundeswehr meldet, weiß, dass Krieg in Europa ist», betont der Generalleutnant, der im September seinen letzten Monat an der Spitze der Landstreitkräfte haben wird. Sabotage und Ausspähungen in Deutschland verstärken diese Entwicklung.

Bereitschaft für den Ernstfall

Eine militärische Auseinandersetzung könne zur Unzeit beginnen, warnt Mais. «Uns muss bewusst sein, dass, wenn die Klingel geht, es uns in einem nicht optimalen Zustand oder zu einem nicht optimalen Zeitpunkt treffen kann», sagt er. Kommandeure müssten sich gedanklich darauf vorbereiten.

Neben der Bewaffnung brauche es Entschlossenheit - ein «Mindset» für Verteidigung auch in unmenschlich schweren Situationen. Eine zutiefst zivile Gesellschaft tue sich damit schwer.

Kampferfahrung aus Afghanistan

Oberstabsfeldwebel Jan Hecht erlebte diese Situation im Sommer 2009 in Afghanistan. Sein 36-Mann-Zug geriet in der Provinz Kundus in einen Hinterhalt von etwa 80 Angreifern. «Der Kampf dauerte fünf Stunden, fünf hochintensive Stunden», erzählt der mit dem Ehrenkreuz für Tapferkeit ausgezeichnete Unteroffizier.

«Zeit und Raum lassen sich im Nachhinein schwer beschreiben», berichtet Hecht. «Das geht mal ganz schnell vorbei. Und dann gibt es wieder Phasen, die dauern extrem lange und man hat das Gefühl, es sind Stunden. In Wirklichkeit sind ein paar Minuten vergangen.»

In der Gefechtssituation dominierte Instinkt statt rationalem Denken. «Das Ziel von Drillausbildung ist ja, in chaotischen Situationen zu funktionieren, ohne über das Handeln nachdenken zu müssen», erklärt Hecht. Gefühle wie Aggression oder Wut habe er nicht gespürt - nur eine gewisse Entschlossenheit.

Tapferkeit als bewusste Entscheidung

Bisher erhielten 33 Soldaten das Ehrenkreuz für außergewöhnliche Tapferkeit. Jeder Soldat schwört mit dem Eid, tapfer zu sein. «Tapferkeit ist ein reflektierter Prozess. Sich damit auseinandersetzen, dass mir was passieren kann, dass ich möglicherweise jemandem Leid zufüge», erklärt Mais.

«Wenn zu Tapferkeit dann in der konkreten Situation Mut hinzukommt, dann haben wir Menschen, die zu außergewöhnlichen Leistungen fähig sind», sagt der Inspekteur. Menschen, die sich selbst hintanstellen, um Kameraden zu schützen oder den Auftrag trotz größter Widerstände zu erfüllen. Quelle: dpa





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