Direkt zum Hauptbereich

Warum immer mehr junge Deutsche rauchen

Mit Blick auf den Schutz vor Tabakqualm und schweren Folgeerkrankungen ist Deutschland nach Ansicht von Experten nicht gerade ein Vorbild. Zwar gibt es bereits viele Rauchverbote, etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Behörden – aber im internationalen Vergleich schneiden viele Staaten im Kampf gegen das Nikotin besser ab.

Beispiel: Supermärkte. Noch immer können Tabakprodukte hierzulande problemlos gekauft werden, ebenfalls an Kiosken oder in Tankstellen. Viele andere Länder sind da schon weiter oder haben zumindest konkrete Pläne, wann ein Verbot umgesetzt werden soll. So dürfen etwa ab kommenden Jahr niederländische Supermärkte generell keine Zigaretten und anderen Tabak mehr verkaufen. Zum Weltnichtrauchertag am 31. Mai nimmt die Diskussion Fahrt auf.

Vergleichsweise niedrige Tabaksteuer

Kritiker halten die Tabaksteuer in Deutschland für zu gering. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nannte Deutschland gar eines der «Sorgenkinder» weltweit. Erst 2022 war – erstmals seit sieben Jahren – wieder eine stufenweise Tabaksteuererhöhung in Kraft getreten. Im selben Jahr sank die Menge der versteuerten Zigaretten laut Statistischem Bundesamt um 8,3 Prozent auf 65,8 Milliarden Stück.

Ein Grund dürfte den Statistikern zufolge die Tabaksteuererhöhung sein, doch viele Gesundheitsexperten halten das nicht für ausreichend und verweisen auf Australien: Dort kostete 2022 eine Packung Zigaretten im Schnitt mehr als 27 Euro, in Deutschland waren es rund sieben. «Wir wissen, dass hohe Preise weniger Raucher bedeuten», so Rüdiger Krech, WHO-Direktor für Gesundheitsförderung.

Viele Ausnahmeregelungen beim Rauchverbot

Auch in anderen Bereichen gibt es deutliche Expertenkritik an den deutschen Bestimmungen: So wird das Rauchverbot in Kneipen und Gaststätten unterschiedlich ausgelegt. Nur in Bayern, Nordrhein-Westfalen und im Saarland gilt ein absolutes Rauchverbot. In anderen Bundesländern gibt es Ausnahmeregelungen: Hier darf in abgetrennten Räumen gequalmt werden, dort ist in kleinen Kneipen, die kein Essen servieren, das Rauchen erlaubt.

Wer steigt da noch durch? Die Nichtraucher-Initiative Deutschland beklagt einen «Flickenteppich an Regelungen». Ein bundesweites, striktes Rauchverbot wäre ihr zufolge nötig. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) warnt zudem davor, dass der Rauch bei halbherzigen Lösungen auch in angrenzende Räume ziehen könnte – und so auch Nichtraucher gefährdet seien.


Ausgerechnet unter jungen Menschen steigt der Raucheranteil

Jüngste Statistiken zeigen: Der Anteil junger Raucher in Deutschland ist stark gestiegen. Elf Prozent der 16- bis 29-Jährigen bezeichneten sich als regelmäßige Raucher, im Jahr 2020 seien es nur sechs Prozent gewesen, berichtete die Funke Mediengruppe über eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH).

Dass vor allem junge Menschen wieder mehr und vor allem regelmäßig rauchen, ist besorgniserregend

so Michael Falkenstein, KKH-Experte für Suchtfragen. Doch was tun? Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, spricht sich für weitere Werbeeinschränkungen aus. «Die kostenlose Abgabe von Erhitzern, E-Zigaretten und Vapes sollte ebenso der Vergangenheit angehören wie Werbung auf Plakaten und Sponsoring durch die Nikotinwirtschaft.»


Forderung nach einem Ende von Tabak-Subventionen

Doch reichen solche Maßnahmen? Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) setzt noch viel früher und globaler an. Sie fordert das Ende für die staatliche Subventionierung des Tabakanbaus in vielen Ländern. «Tabak ist für acht Millionen Todesfälle pro Jahr verantwortlich, und trotzdem geben Regierungen weltweit Millionen aus, um Tabakfarmen zu stützen», kritisierte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf. Statt des für Landwirte und Raucher schädlichen Tabaks sollten Pflanzen zur Ernährung der Weltbevölkerung angebaut werden.

In ihrem Bericht zum Weltnichtrauchertag hebt die WHO auch einige europäische Anbauländer wie Nordmazedonien hervor, einem der 20 wichtigsten Tabak-Exporteure der Welt. Dort werde der Tabakanbau mit bis zu 2507 Dollar (etwa 2336 Euro) pro Hektar gefördert, während Weizen mit maximal 269 Dollar gestützt werde. In der Schweiz hätten Tabakbauern zwischen 2015 und 2020 mehr als 32 Millionen Dollar an Subventionen erhalten. In den USA und Argentinien seien in diesem Zeitraum jeweils mehrere Hundert Millionen Dollar Steuergeld in den Tabakanbau geflossen. Insgesamt wachsen weltweit in 124 Ländern Tabakpflanzen auf 3,2 Millionen Hektar.

Erst ab den 70er- und 80er-Jahren galt die Zigarette zunehmend als gesundheitsgefährdend

Der lange Kampf gegen das Rauchen reicht in Deutschland bis in die 70er- und 80er-Jahre zurück, als die Zigarette allmählich nicht mehr so sehr als Genussmittel, sondern zunehmend als Gesundheitsgefahr gesehen wurde. Folge war unter anderem, dass gefährliche Inhaltsstoffe – vor allem Teer, aber auch Nikotin und Kondensat – schrittweise verringert wurden.


Damals begannen Werbeverbote beziehungsweise Werbeeinschränkungen – zunächst freiwillige – für das Fernsehen, den Hörfunk und schließlich auch für das Kino und in den Zeitungen und Zeitschriften. Es gab eine Kinder- und Jugendschutzklausel, die auch dafür sorgte, dass Zigarettenautomaten an der Straßenecke mehr und mehr verschwanden. Tabakwaren waren schließlich noch in Einkaufsläden und Supermärkten an den überwachten Kassen zugänglich oder in Kiosken und Tankstellen.

Wendepunkt dank Nichtraucherschutzgesetz im Jahr 2007

Rauchverbote in Flugzeugen gibt es seit Ende der 90er Jahre. Einen tiefen Einschnitt für die Tabakbranche brachte das Nichtraucherschutzgesetz von 2007, das Basis für das Rauchverbot am Arbeitsplatz, in öffentlichen Einrichtungen, Zügen der Deutschen Bahn und in Restaurants war.

Seit 2016 nehmen Warnhinweise plus Schockfotos zwei Drittel der Zigarettenverpackungen ein. Es folgten Werbeverbote für Tabak und nikotinhaltige elektronische Zigaretten in Printmedien. Ebenfalls verboten ist Werbung etwa im Internet, Hörfunk und Fernsehen. Quelle:Upday


Eine Frau raucht in der Innenstadt eine E-Zigarette. Foto: Marijan Murat/dpa

Eine Frau raucht in der Innenstadt eine E-Zigarette. Foto: Marijan Murat/dpa 

JZ-App
Vorlesen lassen

Kommentare

Beliebte Beiträge

Gemini für Google Home: Google tauscht das Gehirn seines Sprachassistenten aus

Tschüss Google Assistant, hallo Gemini for Home. Google ersetzt den bisherigen Smart Home-Assistenten durch ein KI-System. Auf Smart Home-Besitzer kommen damit große Änderungen zu. Schon seit Monaten treibt Google die Verbreitung ihrer Künstlichen Intelligenz Gemini immer weiter voran. Nun zieht die KI auch in euer Google Smart Home ein. Anfang des Jahres hatte das US-Unternehmen bereits angekündigt, den Google Assistant auf Smart Home-Geräten durch Gemini ersetzen zu wollen. Nun erklärt Google, wie dieser Wechsel zu "Gemini for Home" euren Alltag verändern wird. Die Funktionsweise unterscheidet sich deutlich vom bisherigen Google Assistant. Musstet ihr bislang präzise Befehle formulieren, soll Gemini for Home auch komplexere Satzkonstruktionen verstehen und Kontexte aus Anfragen besser erfassen können. So wie ihr es von diversen KI-Assistenten kennt. Gemini for Home basiert dabei auf denselben leistungsstarken KI-Modellen wie etwa auf Mobilgeräten und verfügt ü...

Galaxy Buds3 FE: Samsung präsentiert neue günstige In-Ears mit Stiel

Samsung bringt mit den Galaxy Buds3 FE neue "günstige" In-Ear-Kopfhörer auf den Markt. Sie bieten ANC, Galaxy AI und ein neues Design. Samsung präsentiert mit den Galaxy Buds3 FE einen Nachfolger für seine günstigen In-Ear-Kopfhörer  Galaxy Buds FE . Das Modell ergänzt die Galaxy Buds3-Serie, die bislang aus den  Galaxy Buds3 und den Buds3 Pro  bestand. Das FE-Modell übernimmt dabei das Design der Schwestermodelle. Statt auf "Knöpfe" setzt  Samsung  auf Kopfhörer mit einem längeren Stiel, die an Apples AirPod erinnern. Eine Finne zum Verhaken der In-Ears in der Ohrmuschel weisen die neuen Buds3 FE anders als ihre Vorgänger nicht mehr auf. Ebenso sind die neuen Kopfhörer nur in den Farben Grau und Schwarz erhältlich, eine weiße Farbvariante gibt es vorerst nicht. Galaxy Buds3 FE erscheinen mit neuem Design Durch die neue Bauform sollen die In-Ears laut Samsung einen satteren, kraftvolleren Klang als ihre Vorgänger bieten - inklusive tiefer Bässe und klaren Höhen....

Charismatic OS: Apple entwickelt komplett neuartiges Betriebssystem

Apple entwickelt ein spezielles Betriebssystem namens "Charismatic" für kommende Smart-Home-Geräte. Das System soll Robotern und Hubs eine menschenähnliche Persönlichkeit verleihen. Siri soll dazu wohl auch ein Gesicht bekommen. Apple entwickelt Charismatic OS Apple plant schon seit einiger Zeit einen großen  KI-Einstieg  in den Smart-Home-Markt. So soll es etwa  Netzwerkkameras  und eine  Türklingel mit Face-ID  geben. Allerdings hatten sich die Pläne für mehrere Produkte, wie etwa ein  Smart-Home-Display  zuletzt aufgrund von Problemen in der Entwicklung nach hinten verschoben. Neben der Hardware arbeitet man in Cupertino auch an einem völlig neuen Betriebssystem namens "Charismatic", das speziell für die kommende Generation von  Smart-Home-Produkten  entwickelt wird. Das System könnte 2027 mit einem  "Schreibtisch-Roboter"  debütieren und unterscheidet sich grundlegend von herkömmlichen Betriebssystemen. Denn der F...

Wetter kippt dramatisch - von 30 Grad zu Polarluft

Deutschland steht eine dramatische Wetterwoche bevor: Von hochsommerlichen 30 Grad im Südwesten zu Polarluft am Wochenende. Zwischendurch drohen schwere Unwetter mit Überschwemmungsgefahr im Süden. Von hochsommerlicher Hitze über schwere Gewitter bis hin zu einem spürbaren Temperatursturz zeigt sich das Wetter in Deutschland in den kommenden Tagen von seiner dynamischen Seite. Während sich zu Wochenbeginn noch schwülwarme Luftmassen aus dem Süden durchsetzen und örtlich Temperaturen bis 30 Grad bringen, bringt ein heranziehendes Tief aus dem Norden ab Mittwoch kräftige Gewitter und starke Regenfälle in den Süden. Schwülwarme Hitze zu Wochenbeginn Am Montag und Dienstag prägt zunächst ein Hochdruckgebiet über Schottland das Wetter. Der Himmel bleibt meist wolkenfrei, gelegentlich können Schleierwolken den Sonnenschein etwas trüben. Bereits am Montagnachmittag liegen die Höchstwerte verbreitet zwischen 22 und 26 Grad, örtlich sogar bei 28 Grad. Vor allem im Südwesten steigen die Temperat...

Metallindustrie stürzt ab - 76.000 Jobs in sechs Monaten weg

Der Jobabbau in der deutschen Metall- und Elektroindustrie geht unvermindert weiter. Allein im Juni gingen fast 14.000 Arbeitsplätze in der Branche verloren, wie der Arbeitgeberverband Gesamtmetall mitteilte. Im ersten Halbjahr baute die Schlüsselbranche insgesamt 76.000 Stellen ab. Bundesweit arbeiten noch rund 3,82 Millionen Menschen in der Metall- und Elektroindustrie - das sind 104.000 weniger als vor einem Jahr. Dramatischer Trend seit 2023 Seit 2023 gingen in der Branche bereits 154.000 Arbeitsplätze verloren. Verbands-Chefvolkswirt Lars Kroemer sieht die Ursachen klar: «Der Standort hat ein massives Kostenproblem bei Energie, Steuern, Sozialabgaben und Bürokratie.» Zusätzlich belasten weltwirtschaftliche Faktoren wie die amerikanische Zollpolitik die deutschen Unternehmen. Die Auswirkungen sind für die gesamte Volkswirtschaft spürbar. Milliardenverluste für deutsche Wirtschaft Mit jedem abgebauten Arbeitsplatz verliert Deutschland mehr als 100.000 Euro an Wertschöpfung. Das ents...