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Israel jubelt: Hamas-Geiseln nach 738 Tagen befreit

Auf dem «Platz der Geiseln» in Tel Aviv versammelten sich bereits in den frühen Morgenstunden Hunderte Menschen zur Feier der Geiselfreilassung. Sie trugen Bilder der Geiseln und schwenkten blau-weiße israelische Flaggen. Die Menge wartete gespannt auf die Rückkehr ihrer Landsleute nach 738 Tagen brutaler Geiselhaft.

Der 37-jährige Daniel Colodro aus Chile war extra aus Haifa angereist. «Ich bin schon seit gestern Abend hier, ich bin extra aus Haifa gekommen», erzählte der in eine Fahne gehüllte Einwanderer. «Das ist ein historischer Tag, deshalb wollte ich hier vor Ort sein. Wir haben zwei Jahre lang darauf gewartet, deshalb wollte ich dies mit all den Menschen hier erleben. Endlich können wir durchatmen.»

Unbändiger Jubel nach erster Freilassung

Nach der Bekanntgabe der ersten Freilassungen brach auf dem Platz unbändiger Jubel aus. Im Fernsehen wurden Bilder aus den Häusern der Angehörigen übertragen, die mit großer Freude und Erleichterung auf die Rückkehr ihrer Liebsten reagierten. «Wir sind alle unglaublich bewegt», sagte Danielle Aloni, selbst ehemalige Hamas-Geisel und Schwägerin von David Cunio, einem der 20 noch lebenden Geiseln.

«Ein Traum ist in Erfüllung gegangen, es ist unbeschreiblich», äußerte sich Aloni gegenüber dem israelischen TV-Sender N12. Selbst hartgesottene TV-Moderatoren brachen nach der Mitteilung über die bevorstehende Freilassung in Tränen aus. Ganz Israel hatte emotional tief Anteil am Schicksal der verschleppten Menschen genommen.

Dankbarkeit gegenüber Donald Trump


Auf dem Platz war die große Dankbarkeit gegenüber US-Präsident Donald Trump spürbar, der Israel und die Hamas nach zwei Jahren verheerenden Krieges zu einer Waffenruhe bewegt hatte. Ein Mann verkaufte amerikanische Flaggen aus einem Einkaufswagen heraus. Laut TV-Berichten überflog Trumps Flugzeug den Platz vor seiner Landung in Israel.

Als besonders symbolisch galt, dass die Geiseln nun wieder am jüdischen Feiertag Simchat Tora freikamen. Genau an diesem Feiertag waren sie vor zwei Jahren beim völlig überraschenden Hamas-Angriff verschleppt worden. An gelben Bändern hingen Hunderte von Briefen, die Bürger den Geiseln geschrieben hatten, darunter einer in krakeliger Kinderschrift: «Was für eine Freude, dass Ihr wieder nach Hause kommt».

Persönliche Vorbereitung auf die Rückkehr

Die Familien hatten persönliche Gegenstände für die Rückkehr ihrer Angehörigen vorbereitet, um den Übergang zu erleichtern. Das Krankenhauszimmer für Matan Angrest war mit Insignien von Maccabi Haifa geschmückt - seinem liebsten Fußballclub. Die Mutter von Elkana Bohbot berichtete, man habe sie auf mindestens fünf Tage Krankenhausaufenthalt nach der Freilassung ihres Sohnes vorbereitet.

«Aber es gibt Dinge, die man nicht vorbereiten kann», sagte sie. Stattdessen müsse man dem Herzen folgen. Die emotionale Vorbereitung auf die Wiedersehen erwies sich als mindestens ebenso wichtig wie die praktischen Arrangements.

Medizinische Sorgen nach langer Geiselhaft

Medizinische Experten warnten vor einer Überernährung der Geiseln, die sehr lange unter Hunger gelitten hatten. Es drohe das sogenannte «Refeeding-Syndrom», bei dem der Organismus durch zu viel Nahrung in kurzer Zeit überlastet werden könne. Professor Itai Pesach vom Schiba-Krankenhaus sagte: «Wir sind auf jede medizinische und menschliche Lage vorbereitet. Das Wichtigste ist, dass sie wieder zurückkommen.»

Man habe der Hamas über das Internationale Komitee vom Roten Kreuz die Bitte übermittelt, die Geiseln in den Tagen vor ihrer Freilassung nicht plötzlich zu «mästen». Von den Terrorgruppen veröffentlichte Videos von bis auf die Knochen abgemagerten Geiseln hatten im Sommer in Israel für tiefe Verstörung gesorgt.

Psychologische Herausforderungen nach dem Trauma

Auch die massiven psychologischen Folgen des Traumas für die Freigelassenen dürfen nicht unterschätzt werden. Zuletzt hatte sich ein Überlebender des Nova-Musikfestivals das Leben genommen - zwei Jahre nach seiner Rettung. Die langfristigen seelischen Auswirkungen der Geiselhaft bereiten den Experten große Sorgen.

Der ehemalige Geisel Omer Schem Tov erzählte dem Sender N12 von den ersten Momenten nach seiner Freilassung bei der letzten Waffenruhe zu Jahresbeginn. «Ich war 450 Tage lang allein», berichtete er. Er sei hungrig nach menschlicher Wärme und körperlicher Nähe gewesen, eine israelische Offizierin sei die Erste gewesen, die ihn in die Arme genommen habe: «Diese Umarmung werde ich mein Leben lang nicht vergessen.»

Kampf um die Rückkehr der Toten

Es gibt auch Familien, deren entführte Angehörige nicht lebend zurückkommen werden. Teil der Vereinbarung ist die Übergabe von 28 Leichen. Die größte Sorge dieser Angehörigen ist, dass die sterblichen Überreste ihrer Liebsten in den Trümmern des weitgehend zerstörten Gazastreifens nie gefunden werden könnten.

Für diesen Fall ist vereinbart, dass ein internationaler Suchtrupp alles unternimmt, um auch die restlichen Leichen zu finden und zu bergen. Bis dahin sollen die Proteste auf dem Platz der Geiseln weitergehen. «Alle müssen zurückgebracht werden - die Toten und die Lebenden», forderte Daniel Colodro. «Wir können jetzt nicht aufhören.» Quelle: dpa




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