Direkt zum Hauptbereich

Erdogans Macht bröckelt: Opposition holt in großen Städten auf

Bei den Kommunalwahlen in der Türkei zeichnet sich landesweit ein starker Stimmverlust der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan ab. Die Opposition kann zudem darauf hoffen, die Kontrolle über die wichtigsten Städte des Landes zu behalten, darunter auch die Millionenmetropole Istanbul und die Hauptstadt Ankara.

Nach Auszählung von rund einem Drittel der Stimmen lag die größte Oppositionspartei CHP am Sonntag landesweit mit rund 39 Prozent knapp vor der AKP (rund 37 Prozent), wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf inoffizielle vorläufige Zahlen berichtete. Bei den vorigen Kommunalwahlen 2019 hatte die AKP 44 Prozent der Stimmen erreicht. Inoffizielle Ergebnisse zeigten der staatlichen Agentur zufolge, dass Erdogans AKP in den fünf bevölkerungsreichsten Städten, einschließlich Istanbul und Ankara, auf eine Niederlage zusteuerte. Mit ersten offiziellen Ergebnissen wurde am späteren Abend gerechnet.

Rund 61 Millionen Menschen in 81 Provinzen waren am Sonntag dazu aufgerufen, Bürgermeister, Gemeinderäte und andere Kommunalpolitiker zu wählen. Die Abstimmung galt als bedeutendes Stimmungsbarometer und als Weichensteller für die politische Zukunft des Landes. Im Südosten kam es im Zusammenhang mit der Abstimmung zu tödlichen Auseinandersetzungen.

Anhänger der Republikanischen Volkspartei (CHP) versammeln sich vor dem Rathaus. Am Sonntag (31.03.2024) finden in der Türkei die Kommunalwahlen statt. Foto: Ali Unal/AP/dpa

Anhänger der Republikanischen Volkspartei (CHP) versammeln sich vor dem Rathaus. Am Sonntag (31.03.2024) finden in der Türkei die Kommunalwahlen statt. Foto: Ali Unal/AP/dpa

Erdogans Kampf um Istanbul

Erdogan hatte sich vor allem zum Ziel gesetzt, die Metropole Istanbul mit seiner AKP zurückzugewinnen. Ekrem Imamoglu von der größten Oppositionspartei CHP hatte Erdogans regierender AKP 2019 die Macht in Istanbul entrissen und damit 25 Jahre der Regierung islamisch-konservativer Parteien beendet. Die AKP ließ die Wahl damals annullieren. In der zweiten Runde gewann Imamoglu mit noch größerem Abstand - der Erfolg gilt als schwerster Rückschlag in Erdogans bisheriger politischer Karriere. In Istanbul hatte einst auch Erdogans politischer Aufstieg seinen Anfang genommen, als er 1994 zum Bürgermeister gewählt wurde.

In der südosttürkischen Metropole Diyarbakir wurde am Sonntag ein Mensch getötet, elf weitere wurden verletzt, nachdem ein Streit über die Wahl eines Gemeindevorstehers ausgeartet war, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Auch in der Provinz Siirt sei ein Streit rund um die Wahl eskaliert und dabei ein Mensch getötet worden.

Wirtschaftskrise und Uneinigkeit der Opposition

Die Wahl fand unter schwierigen Vorzeichen statt: Die hohe Inflationsrate und die wirtschaftliche Lage dürften Erdogans Partei Stimmen gekostet haben. Die Opposition wiederum, die bei der Parlaments- und Präsidentenwahl 2023 noch im Bündnis antrat, galt als zerstritten und trat nicht mehr geschlossen an.

Der Wahlkampf galt als unfair - ein Großteil der Medien in der Türkei steht unter direkter oder indirekter Kontrolle der Regierung. Größere Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung wurden zunächst nicht gemeldet. Die Partei DEM teilte mit, in der südosttürkischen Provinz Sanliurfa hätten Beamte versucht, an mehr als einer Urne abzustimmen. Man habe dies verhindert und dokumentiert.

Eine Delegation des Europarats und der Partei die Linke beobachtete die Wahlen vor Ort. Einen geordneten Ablauf sollten auch Tausende Freiwillige gewährleisten. Der Verein Oy ve Ötesi erklärte kurz vor der Abstimmung, man habe 30 000 Menschen rekrutieren können. Das seien mehr als bei den Kommunalwahlen 2019, aber deutlich weniger als bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2023, zu denen sich 200 000 Menschen als Wahlhelfer gemeldet hätten. Quelle: dpa


JZ-App
Vorlesen lassen

Kommentare

Beliebte Beiträge

WhatsApp-Nachricht von Lisa Bird: Hinter dieser +20-Nummer steckt eine fiese Masche

Eine harmlos wirkende WhatsApp-Nachricht macht derzeit die Runde. Was sich hinter der Chat-Anfrage von Lisa Bird verbirgt und warum ihr besser nicht antworten solltet, verraten wir euch. Sicherlich habt ihr auf  WhatsApp  schon einmal eine Nachricht von eurem vermeintlichen Kind bekommen, dass unter einem Vorwand um Geld bittet. Dieser Enkeltrick war lange Zeit eine der weitverbreitetsten  Betrugsmaschen  auf dem Messenger. Doch inzwischen ist eine andere auf dem Vormarsch: Job-Scamming. Dabei wenden sich Betrüger im Namen einer Agentur an euch und wollen euch eine "großartige" Karrierechance unterbreiten. Das ist auch aktuell der Fall, wenn euch eine Lisa Bird von der Tech People Recruitment Agency anschreibt. Auf Reddit macht der Nutzer Master_Effect9327 auf die Masche aufmerksam. In seinem Fall versuchte die Nummer 020 1064923317 zweimal ihn per Videoanruf zu erreichen. Erst als er genervt darauf reagierte, erhielt er eine Textnachricht. Wie Master_Effect9327 in seiner Ant

Samsung macht es wirklich: So sieht das Galaxy S25 aus

Samsung wird Anfang 2025 mit dem Galaxy S25, S25 Plus und S25 Ultra neue High-End-Smartphones vorstellen. Im Vergleich zu den Galaxy-24-Modellen soll sich einiges ändern. Das nun enthüllte Design des Galaxy S25 zeigt, dass sich Samsung noch mehr in Richtung iPhone entwickelt. Ob das dem Samsung-Chef schmeckt? Samsung Galaxy S25 geleakt Erst kürzlich haben wir über das geleakte Design des Galaxy S25 Ultra berichtet. Die gleiche Quelle hat nun die Optik des Galaxy S25 enthüllt. Auf den ersten Blick ändert sich im Vergleich zum Galaxy S24 nicht viel. Es bleibt bei dem typischen Samsung-Design mit den drei Kameras. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass sich Samsung damit dem iPhone noch mehr annähert.  Der Rahmen wird nämlich genauso kantig wie beim Apple-Handy: Beim Galaxy S24 wurde der Rahmen im Vergleich zum Vorgänger schon kantiger, doch es war noch ein leicht abgerundeter Übergang vorhanden. Der soll zumindest laut diesem Leak entfallen und den Weg  voll in Richtung iPhone-Design

Jetzt boxt Raab gegen Halmich: Was steckt hinter dem TV-Comeback?

Raab stand über Jahrzehnte für neues, lustiges Fernsehen. Als Moderator und Produzent setzte er Standards für das, was wir als Entertainment definieren. Ob beim Musiksender Viva, bei seiner Comedyshow «TV total», als Mastermind hinter ESC-Gewinnerin Lena Meyer-Landrut oder bei seiner Wok-WM. 2015 ging der 57-Jährige in die Bildschirm-Rente – und kommt jetzt mit einem Schlag zurück. Am Samstag (14. September, 20.15 Uhr) – davon muss man ausgehen, auch wenn es noch unwirklich klingt – steigt Raab in Düsseldorf in einen Ring und boxt gegen Regina Halmich (47).   Der Düsseldorfer PSD Bank Dome ist mit 14.000 Zuschauern restlos ausverkauft.  Zweimal schon flogen die Fäuste zwischen Raab und der einstigen Boxweltmeisterin, 2001 und 2007, also vor gefühlten Ewigkeiten.  Die ehemalige Boxweltmeisterin Regina Halmich und Fernsehmoderator Stefan Raab boxen in der ausverkauften Kölnarena gegeneinander. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa Ist das hier, was der Kölner Privatsender RTL live ausstrahlt, eine

Gefälschte Wahlzettel in Sachsen: Ermittlungen gegen 44-Jährigen

Nach der Manipulation von Stimmzetteln bei der sächsischen Landtagswahl hat es eine Durchsuchung in Dresden gegeben. Ermittelt werde gegen einen 44-Jährigen, teilten das Landeskriminalamt und die Generalstaatsanwaltschaft Dresden mit. Bei der Durchsuchung im Stadtteil Langebrück seien mögliche Beweismittel sichergestellt worden. Konkretere Angaben wollten die Ermittler dazu nicht machen. Doch habe sich der Tatverdacht weiter verdichtet. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Wahlfälschung. Zettel zugunsten der Freien Sachsen manipuliert Bei der Landtagswahl am 1. September waren in Dresden und Umgebung zahlreiche manipulierte Briefwahlzettel aufgetaucht. Auf ihnen war die Stimme zugunsten der rechtsextremen Kleinstpartei Freie Sachsen verändert worden. Sie waren später für ungültig erklärt worden. Laut den Ermittlern betraf das bei der Landtagswahl 111 Stimmzettel in Dresdner Wahlkreisen, 14 Stimmzettel in Radeberg und einen in Dohna. Außerdem seien schon bei der Kommunalwahl im Juni 1

Gecastete Darsteller in Talkformat? ARD weist AfD-Vorwurf zurück

Die öffentlich-rechtliche ARD weist eine Behauptung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) entschieden zurück, sie habe in einem Talkformat gecastete Laiendarsteller eingesetzt. Der zuständige Norddeutsche Rundfunk (NDR) teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, die erhobenen Vorwürfe seien falsch. «Es werden keine Darstellerinnen oder Darsteller eingesetzt.» AfD verbreitete Falschmeldung Zuvor hatte die AfD-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern eine Mitteilung verbreitet, in der sie den Eindruck erweckte, für die am Montagabend im Ersten ausgestrahlte Sendung «Die 100 – Was Deutschland bewegt» seien Laiendarsteller gecastet worden. In dem Debattenformat äußern 100 Leute ihre Meinung zu Themen. Konkret ging es in dieser Ausgabe um die Frage, ob die AfD ein Problem für die Demokratie sei. Die AfD-Fraktion schrieb von «geskriptetem Gruppenzwang». ARD weist AfD-Vorwurf gecasteter Laiendarsteller zurück. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa «Menschen aus der Bevölkerung,