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Scholz in Washington: Darum geht es

Ein Dinner mit Parlamentariern, ein Frühstück mit Unternehmern und als Höhepunkt zum Schluss ein Vier-Augen-Gespräch mit US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus: Der dritte Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Washington, zu dem er am Donnerstagvormittag aufgebrochen ist, wird ziemlich genau 24 Stunden dauern. Darum geht es:

Ukraine: Signal für anhaltende Militärhilfe

Die Reise findet nur wenige Tage vor dem zweiten Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022 statt. Wenn es eine Botschaft gibt, die dem Kanzler bei seinem Washington-Besuch besonders wichtig ist, dann ist es die der anhaltenden Solidarität mit der Ukraine. Der russische Präsident Wladimir Putin warte nur auf Ermüdungserscheinung der westlichen Verbündeten bei der Militärhilfe, sagte der SPD-Politiker Anfang der Woche. «Und das ist die Botschaft, die sowohl aus den USA als auch aus Europa ganz klar an ihn gerichtet sein muss: Diese Rechnung geht nicht auf. Wir werden die Ukraine unterstützen.»

Joe Biden (r), Präsident der USA, empfängt Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler von Deutschland, im Oval Office des Weißen Hauses im März 2023. Archivfoto: Susan Walsh/AP/dpa

Joe Biden (r), Präsident der USA, empfängt Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler von Deutschland, im Oval Office des Weißen Hauses im März 2023. Archivfoto: Susan Walsh/AP/dpa

Die USA sind der mit Abstand wichtigste Waffenlieferant der Ukraine. Deutschland ist die Nummer zwei und das mit Abstand größte Geberland in der EU. Sowohl Biden als auch Scholz haben aber unterschiedlich gelagerte Probleme, was die Mobilisierung weiterer Hilfen angeht. Scholz drängt die EU-Partner bereits seit Jahresanfang, ihre Unterstützung deutlich aufzustocken. Der Appell richtet sich vor allem an wirtschaftsstarke Länder wie Frankreich, Spanien und Italien, stößt aber bisher nur auf mäßige Resonanz.

Biden wiederum hat es mit einer harten Blockade im Kongress zu tun, die den Fluss weiterer Hilfen aus den USA in die Ukraine verhindert. Der Präsident hatte schon vor Monaten neues Geld für Kiew beim Parlament beantragt, doch Republikaner meldeten Zweifel an weiterer Unterstützung für die Ukraine an und verlangten außerdem deutlich mehr Ressourcen zur Sicherung der US-Grenze. Der innenpolitische Streit zieht sich hin, ohne dass eine Lösung in Sicht wäre. Die bisher bewilligten Mittel sind inzwischen weitgehend aufgebraucht, und alle Appelle des Präsidenten, wie sehr Kiew auf US-Hilfen angewiesen sei, liefen bisher ins Leere.

Nahost: Gaza-Krieg, Rotes Meer und Iran

Fast zeitgleich mit dem Abflug des Kanzlers nach Washington ist am Donnerstag die Bundeswehr-Fregatte «Hessen» von Wilhelmshaven aus in See gestochen, um sich im Roten Meer am Schutz von Handelsschiffen gegen Angriffe der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz zu beteiligen. Um diesen Einsatz wird es in dem Gespräch des Kanzlers mit Biden ebenso gehen, wie um die Gefahr eines Flächenbrands im Nahen Osten insgesamt. Die Angst davor hat durch die Drohnen- und Raketenattacken auf US-Stellungen in der Region und durch die Gegenangriffe der Amerikaner auf proiranische Milizen zuletzt deutlich zugenommen.

Biden hat dabei einen schwierigen Balanceakt zu bewältigen: Er muss die von Teheran unterstützten Kräfte in der Region abschrecken, ohne dabei noch härtere Reaktionen zu provozieren. Er muss Stärke zu zeigen, ohne die Lage im Nahen Osten komplett zu eskalieren und einen Krieg mit dem Iran zu riskieren. Noch muss sich zeigen, wie der Iran und dessen verbündeten Milizen auf die jüngsten US-Luftangriffe reagieren. Klar ist bislang nur, dass von amerikanischer Seite weitere Militäraktionen kommen werden.

Scholz und Biden dürften bei ihrem Gespräch den Blick auch in die Zukunft richten: Wie geht es nach dem Gaza-Krieg weiter mit Israel und den Palästinensern? Beide befürworten eine Zwei-Staaten-Lösung. Aber welcher Weg dahin führen könnte, steht in den Sternen.

Nato: Vorbereitung des Jubiläumsgipfels

Die nächste Washington-Reise von Scholz ist schon fest geplant. Im Juli wird der Kanzler zum Nato-Jubiläumsgipfel in die US-Hauptstadt zurückkehren. Das Bündnis wird 75 Jahre alt und will seine Verteidigungsbereitschaft auch für die Zukunft sicherstellen. Scholz möchte da selbstbewusst auftreten: Erstmals seit mehr als 30 Jahren will Deutschland in diesem Jahr mehr als zwei Prozent seiner Wirtschaftskraft für Verteidigung ausgeben. Außerdem gelten die Kampfbrigade in Litauen, die Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gerade aufstellt, und das von Deutschland initiierte europäische Raketenschild als Vorzeigeprojekte in der Nato.

Dass die Militär-Allianz ausgerechnet vier Monate vor der nächsten US-Präsidentenwahl in der amerikanischen Hauptstadt ihr Jubiläum begeht, entbehrt nicht einer gewissen Dramatik. Denn bislang deutet alles darauf hin, dass der frühere republikanische US-Präsident Donald Trump den Amtsinhaber Biden bei der Wahl herausfordern dürfte. Und ebendieser Donald Trump stellte während seiner Amtszeit die Zukunft der gesamten Nato infrage.

Trump: Der Elefant im Raum

Seine mögliche Rückkehr an die Macht ist ein Thema, das zwar nicht auf der offiziellen Agenda der Reise steht, Scholz aber trotzdem begleiten wird: Was ist, wenn Donald Trump nach der Wahl am 5. November tatsächlich wieder ins Weiße Haus einziehen sollte? Der Kanzler wird Trump selbst zwar nicht treffen. Das wurde auch gar nicht erst erwogen. Scholz wird aber versuchen, sich bei einem Dinner mit Kongressabgeordneten ein Bild davon zu machen, wie die Stimmung in Trumps Partei ist. Zu dem Essen sind Vertreter der Republikaner ebenso eingeladen wie Abgeordnete der Demokratischen Partei von Biden.

Auch wenn der Vorwahlkampf in den USA nicht vorbei ist, stellt sich Bidens Wahlkampfteam bereits fest darauf ein, dass Trump Präsidentschaftskandidat der Republikaner wird. Biden warnt vor seinem erwarteten Herausforderer, wo er kann – und davor, was dem Land und der Welt in einer zweiten Trump-Amtszeit blühen würde. Die Beliebtheitswerte des ältesten Präsidenten aller Zeiten sind allerdings wenig erbaulich, und Umfragen sagen ein knappes Rennen zwischen Biden und Trump voraus – falls es dazu kommt. Quelle: dpa


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