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Inflation sinkt nur langsam: Wie geht es weiter?

Das Leben in Deutschland hat sich im abgelaufenen Jahr erneut deutlich verteuert. Vor allem für Lebensmittel müssen Verbraucherinnen und Verbraucher nach wie vor tiefer in die Tasche greifen als ein Jahr zuvor. 2022 war die Teuerung mit 6,9 Prozent im Jahresschnitt auf den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung gestiegen.

Was hat die Teuerung angetrieben?

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 verteuerten sich vor allem Energie und Lebensmittel sprunghaft. Die Inflation schien nur eine Richtung zu kennen: nach oben. Zuletzt schwächte sich die Inflationsrate fünf Monate in Folge ab. Im Oktober und November 2023 waren nach Erkenntnissen des Bundesamtes insbesondere viele Energieprodukte günstiger als ein Jahr zuvor.

Inwiefern sorgt der Staat für Entlastung?

Ein Kunde holt Geld aus seinem Geldbeutel, während er im Supermarkt ist. Foto: Hannibal Hanschke/Getty Images
Ein Kunde holt Geld aus seinem Geldbeutel, während er im Supermarkt ist. Foto: Hannibal Hanschke/Getty Images

Mit Preisbremsen für Strom und Gas hat die Bundesregierung versucht, Folgen der gestiegenen Kosten für Verbraucher und Unternehmen abzufedern. Die Bremsen für Strom und Gas waren im März 2023 eingeführt worden und galten rückwirkend auch für Januar und Februar. Geplant war eine Verlängerung bis Ende März 2024, doch das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November machte der Bundesregierung einen Strich durch die Rechnung: Die Preisbremsen liefen daher zum Jahresende 2023 aus.

«Inzwischen sind überall in Deutschland wieder Strom- und Gastarife verfügbar, die zwar deutlich höher liegen als vor der Krise, aber meist unterhalb der Obergrenzen, die wir für die Preisbremsen gezogen haben, und ebenfalls spürbar unterhalb der Preise im vergangenen Herbst und Winter», argumentierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Ende November. «Unsere Gasspeicher haben wir zudem so gut gefüllt, dass wir nicht mit plötzlichen Preissprüngen rechnen.»

Noch bis Ende 2024 können Arbeitgeber ihren Beschäftigten bis zu 3000 Euro zusätzlich steuer- und sozialversicherungsfrei als sogenannte Inflationsausgleichsprämie auszahlen als Hilfe angesichts allgemein gestiegener Preise.

Wie geht es weiter mit der Inflation?

Volkswirte gehen davon aus, dass die Inflation sowohl in Deutschland als auch im Euroraum insgesamt weiter sinken wird. Für Deutschland erwartet beispielsweise der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung («Wirtschaftsweise») für 2024 eine Teuerungsrate von durchschnittlich 2,6 Prozent. Das Ifo-Institut rechnet mit 2,2 Prozent im Durchschnitt dieses Jahres.

Die Bundesbank geht davon aus, dass der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI), den die Europäische Zentralbank (EZB) für ihre Geldpolitik heranzieht, für Deutschland 2024 auf 2,7 Prozent zurückgehen wird. «Die Teuerung von Energie lässt stark nach und ist auch bei Nahrungsmitteln deutlich rückläufig», prognostizierte die Bundesbank Mitte Dezember. Auch die EZB-Geldpolitik wirke zunehmend.

Was tut die Europäische Zentralbank?

Die Währungshüter haben im Sommer 2022 ihren Kurs geändert, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen: Null- und Negativzinsen wurden abgeschafft, seither hat die EZB zehn Mal in Folge die Leitzinsen im Euroraum erhöht. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann. Die EZB strebt für den Währungsraum der 20 Staaten mittelfristig stabile Preise bei einer Inflation von 2,0 Prozent an. Inzwischen scheint der Zinsgipfel erreicht: Der EZB-Rat ließ bei seinen Sitzungen im Oktober und Dezember die Zinsen unverändert.

Was bedeutet hohe Inflation für meine Ersparnisse?

Dank der gestiegenen Leitzinsen gibt es für Tages- und Festgeld auch wieder höhere Zinsen. Allerdings liegt der Ertrag nicht in jedem Fall über der Inflation. Häufig ist der Realzins, also der Zins für Spareinlagen nach Abzug der Teuerungsrate, noch negativ.

Heizen steigende Löhne die Inflation wieder an?

Das ist durchaus möglich. Der Nachholbedarf sei immens, sagt der Leiter des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung, Thorsten Schulten: Nach drei Jahren mit Reallohnverlusten stehe die Kaufkraft derzeit auf dem Stand des Jahres 2016. Entsprechend sind zweistellige Prozentwerte in den Tarifforderungen der Gewerkschaften keine Seltenheit. Es gebe nach wie vor Inflationsrisiken, warnte jüngst Ifo-Präsident Clemens Fuest: «Das sind vor allem die derzeit kräftig steigenden Löhne, die insbesondere bei Dienstleistungen zu höheren Preisen führen.» Quelle: dpa


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