Lauterbach sagte: «Damit starten wir sowohl im Versorgungsalltag wie in der Forschung eine Aufholjagd.» Patienten sollten sich darauf verlassen können, dass ihre Gesundheitsdaten überall sicher genutzt werden, um sie besser zu versorgen. Der Minister hatte mehrfach klar gemacht, dass der Nachholbedarf groß ist: Bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems sei Deutschland leider «ein Entwicklungsland». Dabei sei die Digitalisierung auch eine Antwort auf Herausforderungen wie Kostenexplosion, Fachkräftemangel und die Versorgung auf dem Land, erläuterte die FDP-Fachpolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus.
Lauterbach will besonders Anwendungen mit praktischem Nutzen für Patientinnen und Patienten beschleunigen. Zwei Gesetze dazu kommen nun zu weiteren Beratungen in den Bundestag. Ein Überblick:
E-Rezept auf breiter Front
Schon länger sind E-Rezepte anstelle der gewohnten rosa Zettel auch über eine spezielle App oder einen ausgedruckten QR-Code einzulösen. Doch ein Durchbruch in größerem Stil verzögerte sich mehrfach auch wegen technischer Probleme. Mehr Schub bringen soll nun ein weiterer, einfacherer Einlöseweg: Seit 1. Juli ist es in Apotheken möglich, dafür die Versichertenkarte der Krankenkasse in ein Lesegerät zu stecken. Per Gesetz soll es nun vom 1. Januar 2024 an für Ärztinnen und Ärzte verpflichtend werden, Rezepte elektronisch auszustellen. Die Praxen sollen sich dafür schrittweise umstellen. Und eigentlich bestand die Pflicht zum E-Rezept für sie auch schon ab Anfang 2022.
Eine Person schiebt eine Versichertenkarte einer Krankenkasse in eine Lesegerät. Foto: David Inderlied/dpa
In den Praxen sind aber noch nicht überall die Voraussetzungen dafür geschaffen. Dazu gehört ein Verbindungsgerät an die geschützte Datenautobahn des Gesundheitswesens. Die E-Rezepte werden auf einem zentralen Server gespeichert und beim Einstecken der Kassenkarte wird die Apotheke autorisiert, sie von dort abzurufen. «Der einzige volldigitale Weg beim E-Rezept ist eine Einlösung per App», sagte der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas. Mit dem Gesetz könne die E-Rezept-App künftig auch in die Apps der Kassen integriert werden.
E-Patientenakte für alle
Als wählbares Angebot sind E-Akten bereits 2021 eingeführt worden. Sie sollen ein persönlicher Datenspeicher sein und Patienten im Prinzip ein Leben lang bei allen Ärzten begleiten. Die gebündelten Daten sollen auch Wechselwirkungen von Medikamenten und unnötige Mehrfachuntersuchungen vermeiden. Das Problem ist nur, dass sich bisher nur etwa ein Prozent der 74 Millionen gesetzlich Versicherten für eine E-Akte entschieden hat. Erklärtes Beschleunigungsziel der Bundesregierung ist es, bereits bis 2025 auf 80 Prozent zu kommen.
Dafür will die Koalition auf das Prinzip «Opt-out» umschwenken: Laut Gesetzentwurf sollen die Krankenkassen breit informieren und dann bis 15. Januar 2025 für alle gesetzlich Versicherten automatisch eine E-Akte einrichten - es sei denn, man widerspricht aktiv. Abrufbar sein soll die E-Akte dann mit bestimmten Identifikationsregeln über eine Kassen-App. Was Ärzte und Ärztinnen in die Akte einstellen und wer worauf zugreifen kann, soll man selbst festlegen können. Zuerst soll eine Medikamenten-Übersicht nutzbar sein, folgen sollen unter anderem Laborbefunde. Bei Kassenwechsel kann man die Daten mitnehmen.
Leichtere Datenforschung
Ein weiteres Ziel ist es, die Forschung mithilfe von Gesundheitsdaten voranzubringen. Dafür will Lauterbach per Gesetz ermöglichen, an einer zentralen Zugangstelle Daten aus verschiedenen Quellen zu verknüpfen - etwa aus Krebsregistern und von Krankenkassen. Dabei sollen die Daten verschlüsselt (pseudonymisiert) werden. Für Daten, die in E-Akten gespeichert werden, ist wieder ein Opt-out-Modell geplant: Sie sollen also zunächst eine Einstellung für «Datenspenden» zu Forschungszwecken bekommen, der man aber widersprechen kann.
Lauterbach sieht ein großes Potenzial in Datenauswertungen, mit denen andere Länder in der Corona-Pandemie schnelle Erkenntnisse erzielen konnten. Generell könnten dann auch mit künstlicher Intelligenz über Abgleiche mit ähnlichen Fällen zum Beispiel Tumore in frühen Stadien besser erkannt werden. dpa/kzy
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