Direkt zum Hauptbereich

Einzelhandel 2025: Kaufzurückhaltung bremst Umsätze

Viele Einzelhändler in Deutschland sind mit großen Hoffnungen ins Jahr 2025 gestartet, wurden aber bislang enttäuscht. Sie kämpfen weiterhin mit den alten Problemen, allen voran der Kaufzurückhaltung der Verbraucher.

Das mit Abstand größte Problem: Viele Menschen in Deutschland achten stark aufs Geld und halten sich beim Einkaufen spürbar zurück. «Die Haushalte sparen aus Vorsicht und Vorsorge», sagt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE).


Verbraucher stark verunsichert

Die Lebenshaltungskosten seien weiterhin hoch, erklärt Genth. Zudem gebe es bei Verbrauchern eine große Angst, dass Kriege und Konflikte eskalieren. Kaum etwas deutet darauf hin, dass es bald eine Wende geben könnte.

Wie schwerwiegend die Lage ist, zeigt eine Umfrage des Handelsforschungsinstituts IFH Köln. Rund 1.000 Menschen wurden im Mai repräsentativ befragt. Die Hälfte fühlt sich durch die Wirtschaftskrise demnach stark verunsichert.

Händler berichten von schlechter Geschäftslage

Ebenso viele haben Angst, den Lebensstandard nicht mehr halten zu können. 42 Prozent haben geplante Ausgaben verschoben. Die Werte liegen damit teils sogar über denen des Vorjahres.

Auch im Einzelhandel ist die Stimmung gedrückt. Laut einer Umfrage des HDE unter etwa 650 Handelsunternehmen berichtet etwa die Hälfte, dass sich ihre Geschäftslage im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum verschlechtert hat. 33 Prozent sehen keine Veränderung, nur 16 Prozent eine Verbesserung.

Kundenfrequenz sinkt dramatisch

Knapp drei Viertel der Händler geben an, dass die Kundenfrequenz in ihren stationären Geschäften in den vergangenen zwei Jahren gesunken ist. Lediglich bei zehn Prozent ist sie gestiegen. Nur etwa ein Viertel der Betriebe erwartet, dass die Umsätze 2025 leicht oder deutlich höher sein werden als im Vorjahr.

Etwas zuversichtlicher ist die Stimmung in den Branchen Lebensmittel, Uhren und Schmuck sowie Heim- und Haustextilien. Besonders schlecht ist sie bei Händlern von Haushaltswaren, Fahrrädern und Bekleidung.

Ukraine-Krieg bremst Kauflust

Der Handelsexperte Johannes Berentzen sieht den Grund für die Sparsamkeit nach wie vor im Ukraine-Krieg. Seit Beginn der Kampfhandlungen im Jahr 2022 klaffe eine deutliche Lücke zwischen Kauf- und Sparneigung. Er rechnet nicht damit, dass sich die Stimmung 2025 noch spürbar verbessert.

«Das ist nur denkbar, wenn sich die Weltpolitik beruhigt und es dem Handel gelingt, Anreize zu bieten, etwa durch mehr Erlebnis in den Geschäften», sagt der Geschäftsführer der Handelsberatung BBE.

Lebensmittelpreise steigen weiter stark

Die Inflation schwächte sich zuletzt zwar ab. Dennoch entspricht dies vielfach nicht dem Gefühl der Verbraucher. Sie spüren die gestiegenen Preise weiterhin stark im Alltag; viele Lebensmittel werden dazu immer noch teurer.

Eine Tafel Schokolade kostete im Mai im Schnitt 28 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, bei Bohnenkaffee lagen die Preise 19,5 Prozent höher. Orangensaft und Rinderhackfleisch sind dem Statistischen Bundesamt zufolge jeweils 15 Prozent teurer geworden, Beerenfrüchte 14 Prozent.

Kunden kaufen nur noch das Nötigste

Das prägt das Einkaufsverhalten. Laut IFH-Umfrage achten knapp 80 Prozent derzeit mehr auf Preise und Angebote - nicht nur im Supermarkt. Die Kunden deckten zunehmend nur ihren Bedarf, spontane Käufe seien rückläufig, sagt HDE-Präsident Alexander von Preen.

Bei vielen sei der Preisdruck so groß, dass sie nur im Preiseinstiegssegment kaufen könnten und immer weniger höherpreisige Marken. Besonders häufig gespart wird laut einer Befragung des Preisvergleichsportals Idealo bei Bekleidung und Accessoires.

Onlinehandel profitiert von Kaufzurückhaltung

Der HDE hält dennoch an seiner zu Jahresbeginn aufgestellten Prognose fest. 2025 wird im Einzelhandel ein nominales Umsatzplus von zwei Prozent erwartet. Real, also inflationsbereinigt, entspräche das lediglich einem Zuwachs von 0,5 Prozent.

Immerhin einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es: Bei der Verbraucherstimmung ist ein Aufwärtstrend zu beobachten. Das HDE-Konsumbarometer erreicht im Juli den höchsten Wert seit einem Jahr.

Asiatische Portale erobern deutschen Markt

Etwas besser könnte sich der Onlinehandel entwickeln: Hier rechnet der Handelsverband 2025 mit einem nominalen Umsatzanstieg von vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Laut IFH Köln kaufen Konsumenten in vielen Bereichen - wie persönliche Ausstattung, Wohnaccessoires, Möbel, Heimwerken - immer häufiger im Internet.

«Die Shoppinglaune der Deutschen kommt langsam, aber stetig zurück. Davon profitiert vor allem der Onlinehandel», sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des E-Commerce-Verbandes BEVH, Martin Groß-Albenhausen. Doch nicht nur Unternehmen in Deutschland ziehen daraus Nutzen.

Gut ein Drittel des Umsatzwachstums, das der Onlinehandel im ersten Halbjahr hierzulande verzeichnen konnte, erzielten laut BEVH asiatische Shoppingportale wie Temu, Shein und AliExpress. Bei Mode entfielen 14 Prozent aller Bestellungen auf diese Anbieter, bei Modeschmuck sogar mehr als 28 Prozent. Quelle: dpa






JZ-App
Vorlesen lassen

Kommentare

Beliebte Beiträge

Daimler Truck streicht 5000 Stellen bis 2030

Daimler Truck will bis 2030 rund 5.000 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen. Das gab der Nutzfahrzeughersteller auf seinem Kapitalmarkttag in Charlotte (North Carolina) bekannt. Die Stellen sollen nach Angaben eines Unternehmenssprechers hauptsächlich über natürliche Fluktuation und Altersteilzeit wegfallen. Zusätzlich seien aber auch gezielte Abfindungsprogramme möglich. Lastwagen-Sparte besonders betroffen Betroffen ist die Lastwagen-Sparte des Unternehmens aus Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart. Dort arbeiten derzeit rund 28.000 Menschen. Insgesamt beschäftigt Daimler Truck in Deutschland etwa 35.500 Mitarbeiter. Das Dax-Unternehmen hatte sich bereits im Mai mit dem Gesamtbetriebsrat auf Eckpunkte für die deutschen Lkw-Standorte verständigt. Diese beinhalten auch einen sozialverträglichen Personalabbau. Kündigungsschutz bis 2034 In der Vereinbarung haben sich Daimler Truck und die Arbeitnehmervertreter darauf geeinigt, dass es bis Ende 2034 keine betriebsbedingten Kündigungen geb...

KI am Handgelenk: Gemini-Upgrade macht Smartwatches jetzt deutlich schlauer

Eure Smartwatch am Handgelenk soll zu einem echten Assistenten werden. Dazu bringt Google seine KI darauf, die verspricht, euren Alltag zu verstehen. Das steckt dahinter. Google hat damit begonnen, seinen KI-Assistenten Gemini für Smartwatches mit dem Betriebssystem Wear OS auszurollen. Damit wird der bisherige Google Assistant auf den Uhren abgelöst und durch eine leistungsfähigere KI ersetzt. Der Rollout erfolgt laut der offiziellen Ankündigung im  Google-Blog  schrittweise für Uhren ab der Version Wear OS 4, darunter Modelle von Samsung, Oppo, Oneplus und Xiaomi, aber selbstverständlich auch Googles eigene  Pixel Watch . Was Gemini auf der Uhr anders macht Der entscheidende Unterschied zum Vorgänger liegt in der Fähigkeit von Gemini, komplexe und kontextbezogene Aufgaben zu bewältigen. Statt auf einfache Befehle wie „Wie wird das Wetter?“ zu reagieren, soll Gemini natürliche Gesprächsverläufe verstehen und Informationen aus verschiedenen Google-Diensten miteinander ver...

Kaufland startet Versicherungsverkauf in Deutschland

Die großen Supermarkt- und Discounter-Ketten in Deutschland verkaufen längst nicht mehr nur Lebensmittel. Ihr Sortiment hat sich deutlich erweitert und umfasst inzwischen auch Versicherungen, Mobilfunktarife und Reisen. Kaufland bietet seit diesem Monat erstmals Versicherungen an. Das Unternehmen kooperiert dabei mit dem Online-Versicherer DA Direkt, einer Tochter der Zurich-Gruppe, und startet zunächst mit Zahnzusatzversicherungen und Tierschutz. Fotos und Mobilfunk etabliert Fotoentwicklung gehört schon lange zum Standard-Service der großen Händler. Edeka, Lidl, Aldi, Rewe und Kaufland bieten alle die Online-Bestellung von Fotos mit anschließender Abholung in der Filiale an. Auch eigene Handytarife führen inzwischen alle großen Ketten. Dazu gehören Edeka, Netto, Rewe, Penny, Norma, Aldi, Lidl und Kaufland. Die Mobilfunk-Angebote haben sich als fester Bestandteil des erweiterten Sortiments etabliert. Rewe als einziger Reiseveranstalter Urlaubsreisen können bei fast allen großen Händle...

Mercedes, VW und mehr: Millionen von Autos durch Bluetooth-Lücken gefährdet

Forscher haben in einem weit verbreiteten  Bluetooth -Framework mehrere  Schwachstellen  entdeckt. Angreifer können damit Schadcode in  Autos  einschleusen. Sicherheitsforscher von PCA Cyber Security haben vier Sicherheitslücken in einem BlueSDK genannten Bluetooth-Framework von Opensynergy entdeckt. Durch eine kombinierte Ausnutzung dieser Lücken soll es Angreifern möglich sein, Schadcode auf Systemen auszuführen, die eine anfällige Version von BlueSDK verwenden. Und dazu zählen nach Angaben der Forscher unter anderem Infotainmentsysteme von Mercedes-Benz, Volkswagen und Skoda. Die vier Sicherheitslücken werden in einer von PCA Cyber Security veröffentlichten Mitteilung näher beschrieben. Die CVSS-Werte liegen zwischen 3,5 und 8,0, was niedrigen bis hohen Schweregraden entspricht. Was durch eine kombinierte Ausnutzung der Schwachstellen möglich ist, zeigen die Forscher anhand einer Angriffstechnik, die sie Perfektblue nennen. Perfektblue ist ein sogen...