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Lauterbach stellt Klinikreform scharf

Der umstrittene Umbau des Kliniknetzes in Deutschland soll konkret anlaufen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sagte in Berlin, die Krankenhausreform werde jetzt scharf gestellt. Es sei nun eine Software fertig, die Behandlungsfälle den bald geltenden Leistungsgruppen zuordnen kann. «Damit wird sichtbar, welche Klinik künftig noch welche Leistungen anbieten kann und abrechnen darf», erläuterte der SPD-Politiker. Die Branche beklagte eine kritische Finanzlage und drohende weitere Einschnitte.

«Doppelziel der Reform»

Lauterbach sagte, die Reform dulde keinen Verzug und dürfe nicht verwässert werden. Ihr «Doppelziel» sei, die Beitragssätze zur Krankenversicherung durch Abbau von Ineffizienzen und Überkapazitäten zu stabilisieren und gleichzeitig die Behandlungsqualität zu verbessern. «Wir müssen jetzt wirklich handeln.» Das System würde sonst immer teurer. Und: «Jeden Tag, wo die Reform noch nicht wirkt, sterben unnötigerweise Menschen, die sonst überlebt hätten.»

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Die noch von der Ampel-Koalition beschlossene Reform soll schrittweise bis 2029 umgesetzt werden. Sie soll den finanziellen Druck auf die Kliniken mindern und mehr Spezialisierung durchsetzen. Grundlage der Abrechnungen mit den Kassen sollen neue «Leistungsgruppen» sein. Sie sollen Behandlungen genauer beschreiben und einheitliche Vorgaben etwa bei Behandlungserfahrung und Personal durchsetzen. Das Netz der 1.700 Kliniken dürfte damit kleiner werden.

Kliniken sollen Perspektiven sehen können

Lauterbach sagte, die nun fertig entwickelte Zuordnungs-Software (Grouper) sei das Herz der Reform. Sie sorge dafür, dass die Spezialisierung nicht nur auf dem Papier stattfinde. Dies führe dazu, dass kompliziertere Eingriffe in große Kliniken übergehen. Diese könnten leichtere Fälle an kleinere Kliniken abgeben.

Mit dem neuen Instrument beginne die Reform jetzt schon zu wirken, machte Lauterbach deutlich. «Wenn ich sehe, dass ich eine bestimmte Leistungsgruppe realistischerweise in Zukunft nicht abrechnen kann, dann werde ich die Abteilung nicht weiter betreiben.» Wenn man sehe, dass eine Leistungsgruppe schon erfüllt werde und es viele Fälle gebe, könne man sie sogar ausbauen.

Dafür gibt es nun einen Vorlauf von zwei Jahren. Die Länder sollen ihren Kliniken bis Ende 2026 jeweils Leistungsgruppen zuweisen. Die Finanzierung soll dann 2027 und 2028 schrittweise auf das neue System umgestellt werden.

Milliardenfonds soll starten

Zur Umsetzung der Reform bereitet Lauterbach auch eine Verordnung vor, die Bedingungen für Fördermittel festlegen soll. Aus dem «Transformationsfonds» sollen von 2026 bis 2035 bis zu 25 Milliarden Euro fließen können – sofern sich Länder in gleicher Höhe an Vorhaben beteiligen. Kommen soll das Geld aus Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen und – entsprechend ihrem Anteil an den Behandlungen – auch von den privaten Krankenversicherungen. Sie soll voraussichtlich am 14. Februar abschließend dem Bundesrat vorgelegt werden.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnte vor größeren Finanznöten vieler Standorte und Einschnitten bei der Versorgung. «Die Kliniken schleppen die Folgen der hohen Inflation bis heute mit», sagte Verbandschef Gerald Gaß der «Augsburger Allgemeinen». Rücklagen der Krankenhausträger seien längst weggeschmolzen, Kreditlinien überschritten. Inzwischen steckten 80 Prozent der Häuser in den roten Zahlen. Daher würden Abteilungen geschlossen, Personal eingespart und Standorte aufgegeben, bevor sie in Insolvenz geraten. Quelle: dpa






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