Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben eines der Verstecke des Hamas-Führers im Gazastreifen, Jihia Sinwar, gefunden und zerstört. Das Haus habe sich nahe der Stadt Gaza im nördlichen Teil des abgeriegelten Küstenstreifens befunden, teilte die Armee am Freitagabend mit. Sinwar wird heute in Chan Junis im Südosten des Gazastreifens vermutet. Die Hamas-Hochburg ist derzeit zugleich ein Brennpunkt der gegenwärtigen Bodenoffensive Israels im Gazastreifen.
Zu Fund und Zerstörung des mutmaßlichen Verstecks bei der Stadt Gaza sei es «in den vergangenen Wochen» gekommen, hieß es in der Mitteilung, in der die Armee erstmals darüber berichtete. Im Keller des Hauses seien die israelischen Soldaten auf einen Tunneleingang gestoßen. Dieser habe zu unterirdischen Gängen in einer Tiefe von 20 Metern und mit einer Länge von 218 Metern geführt.
Israelische Soldaten verlassen einen Tunnel, der nach Angaben des Militärs von militanten Hamas-Kämpfern für den Angriff auf den Grenzübergang Erez im nördlichen Gazastreifen genutzt wurde. Archivbild. Foto: Ariel Schalit/AP/dpa
Sinwar gilt als einer der Planer des Massakers, bei dem die Hamas und andere Organisationen am 7. Oktober in Israel rund 1200 Menschen getötet hatten. Das schlimmste Blutbad in der Geschichte Israels war der Auslöser des Gaza-Kriegs.
Südafrika beschuldigt Israel des Völkermords
Während Israels Armee ihren Einsatz im Gazastreifen intensiviert, hat Südafrika den jüdischen Staat vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag nun des Völkermords beschuldigt und eine Einstellung der Kämpfe verlangt. In der am Freitag eingereichten Klage ersucht Südafrika das Gericht um eine einstweilige Verfügung, mit der Israel aufgefordert wird, den Militäreinsatz in dem dicht besiedelten Küstengebiet unverzüglich auszusetzen. Israel wies die Anschuldigung eines Genozids am palästinensischen Volk als völlig haltlos zurück und bezeichnete Südafrikas Antrag laut Medienberichten als eine «verabscheuungswürdige» Ausnutzung des Weltgerichts.
Israel weist Genozid-Anschuldigung zurück
«Die Klage Südafrikas entbehrt sowohl der faktischen als auch der juristischen Grundlage», schrieb ein Sprecher des israelischen Außenministeriums auf X, vormals Twitter, am Freitagabend. «Südafrika arbeitet mit einer Terrororganisation (Hamas) zusammen, die zur Zerstörung des Staates Israel aufruft.» Für das Leid der Palästinenser in Gaza sei ausschließlich die Hamas verantwortlich.
Auslöser des Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und mit einer Bodenoffensive. Die Zahl der insgesamt seit Kriegsbeginn im Gazastreifen getöteten Palästinenser stieg nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde in Gaza auf 21.507. Die Zahl lässt sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Angesichts der katastrophalen humanitären Lage und der hohen Zahl ziviler Opfer geriet Israel zuletzt international immer mehr in die Kritik. Südafrika ist dabei einer der schärfsten Kritiker Israels. Südafrikanische Politiker haben Israels Verhalten im Gazastreifen wiederholt mit dem Apartheid-System der Trennung von Schwarzen und Weißen in ihrem eigenen Land in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verglichen.
Das Weltstrafgericht in Den Haag ermittelt bereits seit 2021 gegen die Hamas und Israel wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in Gaza. Israel ist zwar kein Vertragsstaat des Weltstrafgerichts, aber zusammen mit Südafrika ein Unterzeichner der Völkermordkonvention. Dies ermöglicht die Klage beim Internationalen Gerichtshof. Die Handlungen der israelischen Streitkräfte hätten «einen völkermörderischen Charakter», da sie auf die Vernichtung der Palästinenser in Gaza abzielen würden, heißt es in Südafrikas Klage.
Eine Anhörung zu Südafrikas Antrag beim IGH, Israel per einstweiliger Verfügung zur sofortigen Kampfeinstellung aufzufordern, könnte innerhalb weniger Wochen erfolgen. Sollte das Gericht danach ein Verfahren zu Südafrikas Anklage wegen Völkermordes eröffnen, könnten dagegen noch Jahre vergehen, bis es zu einem Urteilsspruch kommt.
WHO warnt vor Ausbreitung von Infektionskrankheiten
Israel betont immer wieder, es befinde sich im Krieg mit der Hamas und nicht mit den palästinensischen Zivilisten im Gazastreifen. Die Hamas benutze Zivilisten als menschliche Schutzschilde. Internationale Hilfsorganisationen werden unterdessen nicht müde, auf die grauenhafte humanitäre Lage im Gazastreifen hinzuweisen.
Die Menschen im Süden des von Israel abgeriegelten Küstengebietes, das kaum größer als die Stadt München ist, seien weiterhin zur Massenflucht gezwungen, schrieb der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, auf der Plattform X. Die Notunterkünfte seien völlig überfüllt. «Meine WHO-Kollegen und ich sind weiter sehr besorgt über die zunehmende Bedrohung durch Infektionskrankheiten», schrieb Tedros.
USA versorgen Israel weiter mit Waffen
Derweil sorgen die USA als wichtigster Unterstützer Israels dafür, dass der jüdische Staat in seinem Kampf gegen die Hamas weiter mit Waffen versorgt wird. Das US-Außenministerium hat unter Umgehung des Kongresses den Verkauf weiterer Waffen an Israel im Millionenwert genehmigt. Ohne die sonst bei Rüstungsverkäufen ins Ausland übliche Überprüfung durch den Kongress sei damit grundsätzlich der Verkauf von Waffen im Wert von 147,5 Millionen Dollar (rund 133 Mio Euro) möglich, teilte die zuständige Defense Security Cooperation Agency am Freitag (Ortszeit) mit. Es gehe um die Sicherheitsinteressen der USA. Quelle: dpa
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