Direkt zum Hauptbereich

Bahn-Krise könnte noch Jahre andauern

Unpünktliche Züge, marodes Schienennetz: Die Deutsche Bahn steckt in einer Krise – und Union und SPD stimmen Bahnkunden auf weitere schwierige Jahre ein. «Es wird noch Zeit in Anspruch nehmen, bis die Bahn deutlich zuverlässiger und mit mehr Kapazitäten auf der Schiene unterwegs sein wird», sagte Isabel Cademartori, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion der Deutschen Presse-Agentur. «Etwas anderes zu behaupten, wäre Augenwischerei.»

Die bundeseigene Bahn habe zwar mit Milliardeninvestitionen den weiteren Verfall des maroden Netzes im vergangenen Jahr vorerst stoppen können. Aber eine echte Trendwende werde noch viele Jahre dauern, sagte Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange (CSU) der dpa. «Für die Bahnkunden bedeutet das ganz offen gesprochen, dass sie auch in den kommenden Jahren noch mit vielen Baustellen rechnen müssen. Und Baustellen bedeuten Einschnitte bei der Pünktlichkeit.»

Verschiebungen bei Generalsanierung absehbar

Noch unter der alten Bundesregierung hat die Bahn die sogenannte Generalsanierung eingeleitet. Bis Anfang der 2030er Jahre sollen dabei mehr als 40 wichtige Schienenkorridore umfassend modernisiert werden. Start war im vergangenen Jahr auf der Riedbahn – zwischen Frankfurt und Mannheim – die dafür rund fünf Monate gesperrt worden war. In diesem Jahr soll die Strecke zwischen Berlin und Hamburg an die Reihe kommen.

Bauarbeiter vermessen eine Schiene auf der Bahnstrecke Ludwigslust - Wismar kurz vor dem Hauptbahnhof Schwerin. Foto: Jens Büttner/dpa
Bauarbeiter vermessen eine Schiene auf der Bahnstrecke Ludwigslust - Wismar kurz vor dem Hauptbahnhof Schwerin. Foto: Jens Büttner/dpa

Doch der Zeitplan für weitere Korridore könnte sich in den nächsten Jahren noch verschieben. Die Nachrichtenplattform «The Pioneer» zitiert aus internen Dokumenten, wonach vor allem ab 2027 geplante Sanierungen erst später durchgeführt werden sollen. Die Bahn bestätigte die dort genannten Strecken nicht. «Konkrete Festlegungen werden erst nach Abstimmung mit dem Bund sowie der Bahn- und Baubranche getroffen», teilte der Konzern auf Anfrage mit.

Gleichwohl verwies die Bahn auf den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD, demzufolge die Sanierung der Hochleistungskorridore fortlaufend überprüft und angepasst werden soll. Für die Bahn gelte darüber hinaus, «die Ressourcen der Bauindustrie zu berücksichtigen sowie die Stabilität von Umleitungsverkehren zu gewährleisten», hieß es. Dass es zu Verschiebungen kommt, ist also durchaus absehbar.

Weiterer Verfall vorerst gestoppt

2024 waren mehr als ein Drittel aller Fernzüge unpünktlich. Das liegt nicht nur – aber auch – am überlasteten und maroden Schienennetz. Schon unter der Vorgängerregierung waren deshalb viele zusätzliche Milliarden Euro bereitgestellt worden, um die Infrastruktur nach und nach wieder leistungsfähig zu machen.

Mit diesen Investitionen konnte die Bahn den weiteren Verfall des Netzes im vergangenen Jahr zumindest teilweise bremsen. Der Zustand der Infrastruktur ist weiterhin beklagenswert, wie aus dem jüngsten Netzzustandsbericht des Konzerns hervorgeht. Doch erstmals seit 2021 hat er sich nicht weiter verschlechtert.

«Das war zumindest ein kleiner Erfolg und es waren die notwendigen Schritte in die richtige Richtung», so Cademartori. Dennoch: «Die deutlich teurer als erwartete Sanierung der Riedbahn hat uns erneut deutlich gezeigt, dass wir in der Zukunft effizienter in den Finanzierungsstrukturen werden müssen.» Man stecke noch mitten in den Reformbemühungen. Es werde noch einige Jahre dauern, «bis wir umgesetzt haben, was wir den Bahnkundinnen und -kunden schuldig sind».

Infrastrukturfonds geplant

In ihrem Koalitionsvertrag hat die voraussichtliche neue Regierung einen Eisenbahninfrastrukturfonds angekündigt. «Es geht um eine auskömmliche, überjährige Finanzierung von Sanierungs- und Neubauprojekten, die nicht abhängig ist von jedem einzelnen Haushaltsjahr», sagte Lange.

Der Fonds solle gespeist werden aus den Einnahmen, die durch die Trassenpreise erzielt werden – das sind Gebühren für die Nutzung des Schienennetzes, eine Art Schienenmaut – sowie aus Mitteln aus dem Sondervermögen für die Infrastruktur. «Wir reden bei dem Fonds über eine Laufzeit von zwölf Jahren und einen Betrag im dreistelligen Milliardenbereich», betonte der Unions-Fraktionsvize.

Verband: Koalition muss in den ersten 100 Tagen Klarheit schaffen

«Die Bahnkundinnen und Bahnkunden erwarten, dass jetzt schnell die richtigen Weichen gestellt werden», teilte der Geschäftsführer des Interessenverbands Allianz pro Schiene, Dirk Flege, mit. «Das bedeutet, dass Schwarz-Rot in den ersten 100 Tagen Klarheit schaffen muss, wie der Fonds für die Schieneninfrastruktur aussehen soll.» Es brauche eine auf Dauer angelegte Lösung. «Es wäre widersinnig, die Laufzeit auf die des Sondervermögens zu begrenzen», betonte Flege. Quelle: dpa





JZ-App
Vorlesen lassen

Kommentare

Beliebte Beiträge

Konto leer nach «Booking.com»-Buchung? Wie du dich schützt

Verbraucherschützer warnen zur anstehenden Sommerreisesaison vor einer perfiden Betrugsmasche, für die Kriminelle die Buchungsplattform «Booking.com» missbrauchen. Dabei würden Nutzerinnen und Nutzer nach einer Buchung zu einer erneuten Verifizierung aufgefordert – unter Vorwänden wie technischen Problemen oder neuen Sicherheitsvorgaben.  Nur stecken dahinter keine Mitarbeiter der Plattform, sondern Betrüger, die Kreditkartendaten abgreifen wollen, warnt das auf Online-Betrug spezialisierte Verbraucherschutzportal «Watchlist Internet».  Die App «booking.com» ist auf einem Smartphone zu sehen. Foto: Fabian Sommer/dpa/dpa-tmn Die Betrugsnachrichten enthielten einen Link, der zu einer gefälschten Website führt, die der originalen «Booking.com»-Seite nachgebildet ist und auf der man seine Daten eingeben soll.  Dabei wird oft Druck gemacht: Bestätige man die Buchung nicht innerhalb weniger Stunden erneut, werde sie storniert. Betrugsnachricht im offizi...

Made in USA: Trump droht Apple mit 25 Prozent Zoll auf iPhones

"Designed in California" reicht nicht:  Donald Trump  will, dass  iPhones  in den USA hergestellt werden. Nun droht er  Apple  mit neuen Zöllen. US-Präsident Donald Trump hat Apple mit einem Zusatzzoll von 25 Prozent gedroht, wenn das Unternehmen seine iPhones weiterhin in Asien herstellt. Damit scheint die Sonderbehandlung, die Apple-CEO Tim Cook sowohl in der ersten Amtszeit Trumps als auch bei den im April 2025 angekündigten Zöllen herausschlagen konnte, endgültig vom Tisch zu sein. Ich habe Tim Cook von Apple schon vor langer Zeit darüber informiert, dass ich erwarte, dass ihre iPhones, die in den Vereinigten Staaten von Amerika verkauft werden, in den Vereinigten Staaten hergestellt und gebaut werden, nicht in Indien oder sonstwo schrieb Trump in seinem sozialen Netzwerk Truth Social. "Ist dies nicht der Fall, muss Apple einen Zollsatz von mindestens 25 Prozent an die USA zahlen" , ergänzte er in seiner Einlassung. Woher das importierte iPhone sta...

Klingbeil: Wollen schnelles Ergebnis in Zollstreit mit USA

Bei den Verhandlungen zwischen den USA und der EU über eine Lösung im Zollstreit dringt Bundesfinanzminister Lars Klingbeil auf Tempo. «Wir wollen jetzt ein schnelles Ergebnis», sagte der SPD-Politiker in Berlin nach einem Treffen mit dem für Wohlstand und Industriestrategien zuständigen Exekutiv-Vizepräsidenten der EU-Kommission, Stéphane Séjourné. Die Bundesregierung wolle, dass es zu einer Lösung mit den USA komme. «Wir sind vorsichtig optimistisch, dass das jetzt auch in den nächsten Tagen gelingen kann.» Bis 9. Juli wollen USA und EU eine Lösung finden Am Freitag hatte US-Präsident Donald Trump der EU überraschend mit Strafzöllen in Höhe von 50 Prozent ab 1. Juni gedroht, nur um sie dann in der Nacht zum Montag um gut einen Monat aufzuschieben. Nun wollen beide Seiten  bis zum 9. Juli eine Lösung  finden. Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen, spricht im Plenarsaal im Bundestag zu den Abgeordneten. Foto: Michael Kappeler/dpa Das Datum ...

Stapellauf misslungen: Nordkorea nimmt Werftmitarbeiter fest

Nach der Panne beim Stapellauf eines Kriegsschiffs in Nordkorea sind laut staatlichen Medienberichten drei Mitarbeiter der Werft festgenommen worden. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA wurden die leitenden Angestellten für das Unglück verantwortlich gemacht. Der 5.000-Tonnen-Zerstörer war am Mittwoch beim Stapellauf im Hafen von Chongjin beschädigt worden. Satellitenbilder zeigten das Schiff auf der Seite liegend, teilweise von blauen Planen bedeckt und zum Teil unter Wasser. Die von der staatlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA am 07.05.2025 zur Verfügung gestellte undatierte Aufnahme zeigt nach Angaben von KCNA Kim Jong Un, Machthaber in Nordkorea, bei der Inspektion eines Rüstungsunternehmens. Foto: Uncredited/KCNA/KNS/dpa Machthaber Kim Jong Un hatte nach dem Vorfall von einem «schweren Unfall» und einem «kriminellen Akt» gesprochen, der durch «absolute Unachtsamkeit und Verantwortungslosigkeit» verursacht worden sei. Offenbar wurden während de...

Mann am Steuer von Containerschiff vermutlich eingeschlafen

Wie kann ein riesiges Containerschiff plötzlich schnurstracks auf ein Wohnhaus am Ufer zusteuern? Nach einem ungewöhnlichen Vorfall in Norwegen geht die Polizei davon aus, dass die verantwortliche Person auf der Schiffsbrücke eingenickt ist. Der Mann habe ebenso wie andere Besatzungsmitglieder ausgesagt, dass er eingeschlafen sei, berichtete die norwegische Nachrichtenagentur NTB unter Berufung auf die Polizei. Es handelt sich bei ihm demnach um einen ausländischen Staatsbürger im Offiziersrang und im Alter zwischen 30 und 40 Jahren, nicht aber um den Kapitän. Die Reederei des Schiffes teilte dazu mit, dass man davon wisse, dass die Polizei einen Verdächtigen ausgemacht habe. Man unterstütze die Behörden bei den laufenden Ermittlungen und führe auch interne Nachforschungen durch. Spekulationen wolle man jedoch nicht anstellen. Schiff liegt noch immer auf Grund Johan Helberg steht neben seinem Haus, mit dem Containerschiff NCL Salten im Hintergrund, nachdem das 135 Meter lange Schiff im...