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Ist Platz 15 das Ende von Raabs Comeback-Plänen?

Stefan Raab ist zurück beim Eurovision Song Contest - doch von seiner früheren ESC-Magie ist kaum etwas zu spüren. Unter der Regie des Entertainers landete Deutschland mit dem Pop-Duo Abor & Tynna in der Nacht zum Sonntag auf Platz 15. Das war erkennbar entfernt von der avisierten Spitzenposition und auch von den Top Ten, für die Raab einst als Garant galt. Den Sieg holte sich stattdessen Österreich, während der Wettbewerb von Protesten gegen die Teilnahme Israels überschattet wurde. 

«Ich übernehme die Verantwortung», sagte Raab, nachdem er das Ergebnis zur Kenntnis genommen hatte. Aber natürlich verspreche er immer den Sieg - und zwar so lange, bis das Gegenteil bewiesen sei. «Das ist auch das Beste, was man machen kann. Sonst braucht man nirgendwo hinzufahren», sagte er im ARD-Interview. 

Über seine Schützlinge Abor & Tynna sagte er: «Ich finde, man muss den beiden einen riesigen Respekt zollen für das, was die in den letzten Wochen abgerissen haben.» Man dürfe ja auch nicht vergessen, dass sie noch keine langjährige Karriere hinter sich hätten. Es sei ihr größter Auftritt aller Zeiten gewesen.

Abor & Tynna aus Deutschland mit dem Titel "Baller" performen beim Finale des 69. Eurovision Song Contest (ESC 2025) auf der Bühne der St. Jakobshalle. Foto: Jens Büttner/dpa
Abor & Tynna aus Deutschland mit dem Titel "Baller" performen beim Finale des 69. Eurovision Song Contest (ESC 2025) auf der Bühne der St. Jakobshalle. Foto: Jens Büttner/dpa

Tatsächlich hatte das Duo die geschürten Hoffnungen zunächst mit viel Energie am Leben gehalten. Schwester Tynna tanzte auf einem gigantischen Radiorekorder, Bruder Abor spielte auf einem Cello mit LED-Beleuchtung. Die zwei hatten sich etwas vorgenommen. Das Instrument war weiß lackiert - womöglich als Referenz an die weiße Gitarre, mit der Sängerin Nicole 1982 zum ersten Mal den Musikwettbewerb für Deutschland gewonnen hatte.

«"Baller" ist der Knaller»

In der Halle in Basel kam der Act sehr gut an. ARD-Kommentator Thorsten Schorn versuchte dann auch, Optimismus zu verbreiten. «"Baller" ist der Knaller», übermittelte er nach dem Auftritt dem heimischen Publikum. «Das wird hier gefeiert.»

Noch besser kam allerdings Countertenors JJ an, der für Österreich den Sieg holte. Vor allem die Jurys quer durch Europa waren von seiner dreiminütigen Pop-Oper mit dem Titel «Wasted Love» begeistert - es hagelte viele Höchstwertungen von 12 Punkten. Abermals zeigte sich allerdings, wie sehr sich der Geschmack der Jurys von dem des Publikums unterscheidet - und welche Auswirkungen das haben kann. 

Beim Publikum lag Israel deutlich vorn. Das Land hatte die Sängerin Yuval Raphael nach Basel geschickt. Die 24-Jährige ist eine Überlebende des Massakers der islamistischen Hamas und weiterer Terrorgruppen vom 7. Oktober 2023. Wegen des Gazakriegs gab es in Basel immer wieder Proteste gegen ihre Teilnahme. Am Abend versuchten nach Angaben des ESC-Sprechers des Schweizer Senders SRF sogar ein Mann und eine Frau am Ende des israelischen Auftritts auf die Bühne zu gelangen. Sie wurden gestoppt.

Am Ende reichte es trotz der vielen israelischen Publikumspunkte für JJ. Elf Jahre nach dem Triumph von Conchita Wurst hat Österreich damit wieder einen ESC-Sieger.

«Jetzt ist auch Stefan Raab wach»

Tatsächlich ist Platz 15 für Abor & Tynna auch kein schlechtes Ergebnis. In der vergangenen Dekade hat Deutschland etliche Komplettpleiten eingefahren - so schlimm kam es diesmal keineswegs. Raab erklärte die Platzierung auch mit der Konkurrenz. «Du kannst Glück haben, dass Du mit nem guten Song in den Wettbewerb einsteigst in dem Jahr, wo die Konkurrenz vielleicht eher übersichtlich ist», sagte er. «Dieses Jahr gab es viele starke Songs mit dabei.»

Gleich zwei Jurys vergaben auch die Höchstwertung von 12 Punkten an Deutschland - die Ukraine und Tschechien. Als das Ergebnis aus der Ukraine verkündet wurde, sprang Raab auf und ballte die Faust. Kommentator Schorn stellte fest: «Jetzt ist auch Stefan Raab wach.»

Was das Bild allerdings trübte: Ausgerechnet im vergangenen Jahr hatte Sänger Isaak einen 12. Platz errungen - das war also noch ein bisschen besser. Erst danach war Raab wieder in die deutsche ESC-Auswahl installiert worden und sollte nach noch höheren Zielen greifen.

Die Erwartungen waren dabei von Anfang an hoch. Spätestens seit dem unter seiner Ägide errungenen Sieg von Lena Meyer-Landrut im Jahr 2010 umgibt Raab die Aura des ESC-Gurus. Auch als Komponist für Guildo Horn (1998, «Guildo hat euch lieb») und bei seinem eigenen Auftritt (2000, «Wadde hadde dudde da») gelangen ihm Top-Ten-Ergebnisse. Das Portal eurovision.de bezeichnet ihn als «Enfant terrible und Deutschlands ESC-König».

Verpufftes «Raabinator»-Comeback?

Abor & Tynna waren in mehreren Auswahlshows zum deutschen Beitrag auserkoren worden. Die Entscheidung traf am Ende zwar das Publikum, aber Raab verantwortete die Vorauswahl. Und er erklärte kühn: «Wenn man in Deutschland noch wetten könnte auf ESC-Songs, ich würde all mein Geld darauf setzen, dass dieser Song gewinnt.»

In den vergangenen Tagen hatte er selbst auch noch einmal intensiv für das Lied getrommelt. Unter anderem versuchte er, Deutsche auf Mallorca zu einer Stimme für Abor & Tynna zu bewegen. Die ganz große Wirkung blieb aus.

Auch für Raab stand mit dem Abschneiden beim ESC einiges auf dem Spiel. Erst im vergangenen September hatte er seine jahrelange Bildschirmpause mit viel Tamtam und deutlich formulierten Ambitionen beendet. Teil des «Raabinator»-Comebacks war auch, wieder bei der Auswahl des deutschen ESC-Acts mitzumischen. 

Mittlerweile ist seine wieder aufgenommene Kamera-Karriere allerdings ins Stocken geraten. Erst vor wenigen Tagen verkündete sein Haussender RTL, dass man mit den Quoten von Raabs wöchentlicher Show («Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab») nicht mehr zufrieden sei und sie in ihrer aktuellen Form beenden werde. Im Herbst soll es ein neues Format geben. Wie das aussehen kann, steht in den Sternen.

Ob Raab noch einmal in die ESC-Maschinerie eingreifen darf, ist nun fraglich. Die ARD, die für den Wettbewerb zuständig ist, hatte die Zusammenarbeit mit dem erhofften Erfolg verkoppelt. Als ARD-Programmdirektorin Christine Strobl von der «Hörzu» im Januar gefragt wurde, ob das Konzept mit Raab wieder auf Eis gelegt werde, sollte nicht der Sieg herausspringen, antwortete sie: «Absolut.» Der Anspruch sei «ganz klar», zu gewinnen. Das ist nun nicht eingetreten. Quelle: dpa






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