Direkt zum Hauptbereich

Bundesrat reformiert Postgesetz: Briefe brauchen länger

Wer auf Briefe wartet, braucht im kommenden Jahr mehr Geduld als bislang. Nach dem Bundestag stimmte nun auch der Bundesrat für die Reform des veralteten Postgesetzes, das letztmals 1997 grundlegend novelliert worden war. Damals war es häufig noch wichtiger als heute, dass Briefe besonders schnell ankommen. Daher gab es jahrzehntelang die Vorgabe, dass 80 Prozent der heute eingeworfenen Sendungen am nächsten Werktag beim Empfänger sind und 95 Prozent am übernächsten Werktag.

Inzwischen hat sich die Alltagskommunikation völlig verändert. Die Menschen setzen auf Mails und Chats statt auf Briefe. Weil die allermeisten Briefe inzwischen eben keine eilige Angelegenheit mehr sind, wird der Zeitdruck gesenkt: Der 80-Prozent-Zustellwert für den ersten Werktag nach Einwurf fällt weg und der 95-Prozent-Wert wird vom zweiten auf den dritten Werktag geschoben. Neu ist die Pflicht, 99 Prozent der heute eingeworfenen Briefmenge vier Werktage später abgeliefert zu haben.

Weil der Zeitdruck sinkt, kann der Bonner Konzern seine Kosten drücken. Seine Briefbeförderung per Flugzeug im Inland hat er wegen der Gesetzesreform bereits eingestellt und dadurch Geld eingespart und obendrein seine CO2-Bilanz verbessert.

Briefversand wird sich «nicht schlagartig» verlangsamen

Blick auf einen Briefkasten der Deutschen Post. Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Blick auf einen Briefkasten der Deutschen Post. Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Droht also schon ab Januar eine lange Wartezeit für die Verbraucherinnen und Verbraucher? Nein, sagt Post-Chef Tobias Meyer. Die Laufzeit von Briefen  also die Dauer bis zur Ankunft beim Empfänger  werde sich Anfang 2025 «nicht schlagartig» verändern, sondern es werde einen graduellen Übergang geben. Der Übergang werde ein bis zwei Jahre dauern. Das hieße, dass Briefe in manchen Regionen noch 2026 recht schnell zugestellt werden.

Meyer betonte, dass es sich um Mindestvorgaben handele und dass der tatsächliche Wert auch höher liegen könnte. «Es bringt uns nichts, auf einem Haufen von Briefen herumzusitzen und zu warten, bis die Zeit rum ist.» Weil man im Digitalzeitalter weniger Briefe habe, könne man schneller sortieren.

Prio-Brief auf der Kippe

Wer es beim Briefversand auch im Digitalzeitalter eilig hat, kann derzeit einen sogenannten Prio-Brief versenden – der soll am nächsten Werktag da sein und kostet einen Aufschlag von 1,10 Euro. Diese Versandart fristet ein Nischendasein. Das liegt auch daran, dass derzeit ja die meisten Standardbriefe recht schnell befördert werden und der zeitliche Vorteil des Prio-Briefs gering ist. Ab 2025 könnte dieser Vorteil größer werden und die Nachfrage steigen. Allerdings muss bei dieser Sendungsart ab Januar Mehrwertsteuer abgeführt werden, bisher nicht.

Das mache ihn «deutlich teurer», sagte Meyer und fügte hinzu, man müsse daher überlegen, ob man ihn überhaupt noch weiter anbieten werde. Künftig könnte es nur noch das Einschreiben geben, bei dem ein schnellerer Versand vorgesehen ist. Ein Standardbrief, der als Einwurfeinschreiben versandt wird, kostet 3,20 Euro; der Prio-Standardbrief nur 1,95 Euro.

Bonner Behörde bekommt Bußgeld-Schwert

Im Rahmen der Reform wird die Funktion der Bundesnetzagentur gestärkt, sie kann künftig Bußgelder verhängen und damit den Druck auf die Post erhöhen. «Das neue Postgesetz verschafft der Bundesnetzagentur die notwendigen Instrumente», sagte Behördenchef Klaus Müller. «Wir werden diese Instrumente nutzen und auch weiterhin eine zukunftsfähige Postversorgung und einen fairen Wettbewerb sicherstellen.»

In den vergangenen zwei Jahren waren bei der Bonner Behörde ungewöhnlich viele Beschwerden von Bürgern über die Deutsche Post eingegangen. Hierbei konnte die Netzagentur letztlich nur mahnend den Zeigefinger heben und grimmig auf den in der Nähe gelegenen Post-Tower blicken – ein scharfes Schwert hatte sie nicht. Dies ändert sich nun etwas.

Beschwerdezahl noch immer recht hoch

Das Beschwerdelevel liegt noch immer hoch: Von Januar bis Mai 2024 gingen bei der Netzagentur ihren Angaben zufolge rund 17.000 Beschwerden über die Postbranche ein und damit 4000 mehr als im Vorjahreszeitraum. Die meisten kritischen Wortmeldungen bezogen sich auf den Marktführer Deutsche Post. Nach Darstellung der Post richtet sich der Groll teilweise aber fälschlicherweise gegen sie. Tatsächlich liege es bisweilen an Fehlern anderer Firmen.

Mehr Automaten für Briefe und Pakete

Die Gesetzesreform ermöglicht zudem die Aufstellung von Automaten anstelle von Postfilialen. Hierfür werden allerdings enge Grenzen gesetzt – eine Anrechnung der Automaten auf die weiterhin gültige Filialnetzpflicht ist letztlich nur dort möglich, wo die Post keinen Einzelhändler findet, der in seinem Laden auch einen Postschalter aufstellt. Das dürfte in einigen Dörfern der Fall sein, wo der letzte Supermarkt oder Kiosk dichtgemacht hat.

Nächste Portoerhöhung kommt Anfang 2025

Ein Standardbrief kostet derzeit noch 85 Cent, ab Januar wird er vermutlich teurer sein – ab 2025 wird ein neues Porto gelten. Zu dessen Höhe hat die Netzagentur bereits ein Berechnungsverfahren begonnen, hierbei wird sie einen Spielraum zur Anpassung der Preise festlegen. Im Herbst dürfte es eine Entscheidung geben, wie hoch die Porti der unterschiedlichen Sendungsarten sein werden.

Hiermit hat auch die Gesetzesnovelle etwas zu tun, denn bei ihren Berechnungen wird sich die Behörde auf die neuen Vorgaben beziehen. Mehr als einen Euro darf der Standardbrief dann aber nicht kosten, dazu hat sich die Ampel-Koalition bekannt. Quelle: dpa



JZ-App
Vorlesen lassen

Kommentare

Beliebte Beiträge

Hunderte verpassen Flüge in : Airport sieht Schuld bei Passagieren

Bei chaotischen Zuständen am Terminal 2 des Münchner Flughafens haben am Donnerstag rund 750 Menschen ihren Flug verpasst. Bilder von extrem langen Schlangen vor den Sicherheitskontrollen hatten am Tag der Deutschen Einheit die Runde durch die sozialen Medien gemacht, die Rede war von stundenlangen Wartezeiten. «Ungewöhnliches Anreiseverhalten der Passagiere» Bei einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag sprach Flughafenchef Jost Lammers von einem «sehr ungewöhnlichen Anreiseverhalten der Passagiere». Die Menschen seien teilweise sechs Stunden oder mehr vor Abflug erschienen. Entsprechend habe sich das Aufkommen geballt. Auf die Frage einer Journalistin, warum die Passagiere auf einmal früher anreisten, sagte Lammers, das sei das «Zentrum unserer Analysen». Dies sei eine Situation, die völlig von dem abweiche, was man aus den vergangenen Jahren kenne. Der Chef der Lufthansa-Passagiersparte, Jens Ritter, ergänzte, dass der Arbeitsmarkt in München noch deutlich herausfordernder sei als

Samsung One UI 7: Erster Blick auf frühe Testversion inklusive umstrittener Änderungen

Die Entwicklerkonferenz von Samsung dauerte zwar nur einen Tag, brachte aber endlich einen ersten offiziellen Blick auf das, was Samsung-Handys und Tablets in einigen Monaten mit dem Android 15 Update und der One UI 7 Oberfläche erwartet. Einige der Änderungen könnten durchaus umstritten sein. Vergangene Nacht  wurde endlich offiziell bestätigt , dass sich Samsung mit dem One UI 6.1 Nachfolger noch etwas mehr Zeit lassen wird, als von vielen Samsung-Fans erhofft. Eine erste offizielle und frei verfügbare Testversion soll es zwar noch 2024 geben, die finale Version wird aber erst 2025 ausgerollt, zu Beginn mal auf die Galaxy S24 Serie, etwa das   Galaxy S24 Ultra . Das aktuelle Samsung-Kamera-Flaggschiff stand auch auf der SDC24 in San Jose im Mittelpunkt, allerdings primär wegen der Software, die darauf bereits installiert war. Besucher der Entwicklerkonferenz durften sich einige Minuten lang mit einer frühen Testversion von One UI 7 beschäftigen, die zwar noch nicht offiziellen Betast

Coca-Cola schließt Standorte in Deutschland – Hunderte Jobs betroffen

Der Getränkehersteller Coca-Cola will im Laufe des kommenden Jahres fünf Produktions- und Logistikstandorte in Deutschland schließen. Betroffen sind die Werke in Köln, Neumünster, Berlin-Hohenschönhausen, Bielefeld und Memmingen, wie aus einer Mitteilung von Coca-Cola Europacific Partners (CCEP) hervorgeht. Das Unternehmen ist in Deutschland für Abfüllung, Verkauf und Vertrieb der Getränke des US-Konzerns zuständig.  505 Arbeitsplätze sollen demnach insgesamt wegfallen,  207 an andere Standorte verlagert werden und 78 neue Jobs entstehen. Man wolle sich «im anhaltend wettbewerbsintensiven Marktumfeld noch kosteneffizienter aufstellen, den Veränderungen in der Getränkelogistik begegnen und die Auslastung im deutschen Produktions- und Logistiknetzwerk weiter stärken», erklärte CCEP.  In Köln, wo Coca-Cola einen Produktions- und Logistikstandort betreibt und bisher rund 600 Menschen beschäftigt sind, soll die Produktion zum 31. März 2025 eingestellt werden.  Mit vier Betrieben sei die Sta

Gestohlener Ferrari mit Apple Airpods aufgespürt

Im US-Bundesstaat Connecticut wurden zwei Fahrzeugdiebe verhaftet, nachdem ein gestohlener Ferrari 812 GTS im Wert von 575.000 US-Dollar anhand darin befindlicher Apple Airpods erfolgreich geortet werden konnte.  Lokalen Medienberichten  zufolge ereignete sich der Diebstahl am 16. September in der Stadt Greenwich. Der Eigentümer des Sportwagens hatte die Airpods demnach im Fahrzeug zurückgelassen. Wie es in den Medien hieß, gelang es den Einsatzkräften des Waterbury Police Department, die Kopfhörer zu orten – und damit auch den Ferrari. Möglich ist eine solche Ortung über das Find-My-Netzwerk von Apple, das auch bei Airtags zum Einsatz kommt. Das Fahrzeug wurde zunächst bis zu einer Tankstelle verfolgt. Dort näherte sich die Polizei dem Sportwagen, woraufhin ein 22-jähriger Fahrer aus dem Auto sprang und floh. Anhand des iPhones, das der Tatverdächtige im Ferrari liegen gelassen hatte, konnte die Polizei den Mann identifizieren. Einige Tage später, am 25. September, wurde er zusammen m

iOS 18.1: Diese Neuerungen sollen kommen

Noch im Oktober soll Apples erstes großes iOS-18-Update erscheinen. Die Liste der erwarteten Neuerungen ist erstaunlich lang. Diese Planungen gibt es. Nach iOS 18 kommt iOS 18.1 – wenn es nicht vorab ein Bugfix-Update iOS 18.0.1 gibt: Apple arbeitet derzeit intensiv am ersten großen Update des neuen iPhone-Betriebssystems. Dieses Mal hatte die Betaphase bereits vor Erscheinen von iOS 18.0 begonnen, da iOS 18.1 erstmals Apple Intelligence mitbringen soll. Es handelt sich nicht um die einzige geplante Neuerung, die im Oktober zu erwarten ist. Ein Überblick. iOS-18-Übersicht: Einige der Features kommen erst mit iOS 18.1 oder noch später.  (Bild: Apple) Telefonate aufnehmen, Kontrollzentrum umbauen, Selfies mit Kamerasteuerung So soll es iOS 18.1 erstmals möglich machen, Telefonate direkt auf dem Gerät aufzuzeichnen. Dazu blendet das Betriebssystem künftig einen Aufnahmeknopf ein, sobald das Gespräch läuft. Das iPhone informiert den Angerufenen automatisch per Sprachansage, dass die Aufnah