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Selbstbewusstes DFB-Team: Mit ausgefallener Frisur und Mut gegen Spanien

Die Spanier halten sich schon für die Größten und Besten, aber Angstschweiß bricht bei den deutschen EM-Fußballern um Chefstratege Toni Kroos und Zauberer Jamal Musiala nicht aus. Beim Abschlusstraining vor der ultimativen Reifeprüfung beim Heimturnier präsentierte sich der stets furchtlose Vorkämpfer Robert Andrich nicht mehr platinblond, sondern mit pink gefärbten Haaren. War es eine kleine Botschaft an die Furia Roja, die rote Furie, wie die spanische Nationalmannschaft genannt wird?

Stärke zeigen, Zeichen setzen, Brust raus: schon vor dem Anpfiff der bislang besten Mannschaften besonders prominent besetzten Viertelfinalpartie am Freitag (18.00 Uhr/ARD und MagentaTV) in Stuttgart waren die verbalen und auch nonverbalen Muskelspiele eröffnet. Die deutsche EM-Party soll auf der drittletzten Station nicht abrupt enden, sondern noch lauter und noch euphorischer in die letzte Turnierwoche gehen.

Musiala: Wir werden alles tun für das Land

Deutschlands Robert Andrich (li.) während des Trainings in Herzogenaurach. Foto: Federico Gambarini/dpa
Deutschlands Robert Andrich (li.) während des Trainings in Herzogenaurach. Foto: Federico Gambarini/dpa

Jungstar Jamal Musiala ging überraschend verbal voran. «Wir werden alles tun, für das Land, für das Trainerteam, für alle, dass wir den Titel holen können. Das ist unsere Motivation», kündige der schon dreifache Torschütze voller Entschlossenheit bei Sky an.

Jamal gegen Yamal, der 21-jährige Musiala gegen das noch 16 Jahre alte spanische Megatalent Lamine Yamal, das ist nur ein Hingucker bei dieser Kraftprobe mit vielen spannenden Duellen. Passmaschine Kroos gegen Spaniens Mittelfeldhirn Rodri. Joshua Kimmich gegen den brillanten Linksaußen Nico Williams mit der auffälligen Haartracht. Oder auch das Duell der Torhüter, Deutschlands Viertelfinal-Spezialist Manuel Neuer gegen Unai Simon von Athletic Bilbao. Es geht jetzt um Feinheiten, Nuancen, um Schlüsselmomente.

Haben sechs Wochen seit dem Vorbereitungsstart im thüringischen Blankenhain ausgereicht, um wieder eine deutsche Turniermannschaft zu formen, die mit den Fans im Rücken so sehr gewachsen ist, um allen Widerständen zu trotzen und unaufhaltsam zur finalen Krönung nach Berlin zieht? Julian Nagelsmann hat seit seinem radikalen Kaderumbruch nach dem Augen öffnenden 0:2 im Testspiel gegen Österreich im November 2023 in mittlerweile acht ungeschlagenen Länderspielen einen neuen Glauben nicht nur gepredigt, sondern geweckt.

«Jetzt bleiben die Köpfe oben»

«Langsam verstehen sie, wie gut sie sind», sagte der 36-Jährige zufrieden nach dem Blitz-und-Donner-Sieg gegen Dänemark über seine Spieler, die den schweren Rucksack der Murks-Turniere 2018, 2021 und 2022 endlich abschütteln konnten. «Jetzt bleiben die Köpfe oben», sagte Abwehrchef Antonio Rüdiger dem «Kicker» zum Haltungsunterschied, wenn es mal schwierige Spielphasen auf dem Platz gemeinsam zu überstehen gilt. Joshua Kimmich glaubt nicht, «dass die Spanier sich sehr gefreut haben, uns zu kriegen im Viertelfinale».

Nagelsmann redete sein Team schon im Frühjahr stark, als die Zweifel im Land noch groß waren. «In allererster Linie will ich, dass sich die Mannschaft belohnt für das, was sie kann. Das ist mein Hauptantrieb», sagte der Bundestrainer noch bevor der erste Ball in den EM-Stadien über den Rasen rollte. Jetzt ist es an der Zeit für Nagelsmann, dass nach 36 Jahren mal wieder ein Turnierspiel gegen die stolzen Spanier gewonnen wird; egal ob nach 90 Minuten, nach Verlängerung oder auch erst in einem dramatischen Elfmeterschießen.

Kroos, Gündogan, Rüdiger im Spanien-Fokus

Der königliche Kroos, der nach seinem triumphalen Abschluss im Trikot von Real Madrid als nationaler Meister und Champions-League-Sieger nicht ausgerechnet von den Spaniern in den Fußball-Ruhestand geschickt werden möchte, sprach von «einem anderen Glauben» in der DFB-Elf, die er bei seiner Rückkehr im März voller Verunsicherung vorgefunden hatte. «Ungarn, Schweiz, Dänemark – man sieht unsere Schritte», sagte der 34-Jährige vor seinem letzten, vorletzten oder drittletzten Spiel seiner Karriere: «Ich sehe uns vorbereitet!»

Kroos (34), Gündogan (33), Rüdiger (31), die drei Ü30-Routiniers von Real und Barcelona müssen als Achsenspieler vorangehen gegen die bisherigen Allesgewinner aus ihrer Wahlheimat. Kroatien (3:0), Italien (1:0), Albanien (1:0) mit einer B-Elf und Georgien (4:1) – kein bisheriger EM-Gegner war der Wucht des spanischen Ballbesitzfußballs gewachsen.

Sané oder Wirtz, das ist die große Frage

Um Ballbesitz, um Dominanz, um die Spielregie wird es entscheidend gehen. «Es gibt viele Positionen, auf denen dieses Spiel entschieden wird», sagte Kroos. Für den Fixpunkt im deutschen Spiel ist aber klar: «Solche Spiele werden in der Mitte entschieden.» Ruhe, Kontrolle, Stabilität, das sind die Faktoren, die gerade Kroos wie kein anderer einbringen könne, bemerkte Leroy Sané: «Die Schwäche hat er uns komplett genommen.»

Sané oder Florian Wirtz? Das ist die größte Personalfrage, die sich auch nach dem Abschlusstraining mit allen 26 Akteuren weiter stellte und Nagelsmann womöglich erst spät auflösen wird. Sané steht für Tempo, Wirtz für mehr Ballbesitzstärke und mehr Lösungen aus der Mitte des Spiels im offensiven Verbund mit Gündogan, Musiala und Kai Havertz. Neben Abwehrchef Rüdiger wird wieder Jonathan Tah erwartet nach verbüßter Gelb-Sperre. Und der kräftige David Raum dürfte den Auftrag erhalten, Teenie-Star Yamal zu bekämpfen.

«Mit 16 schon auf diesem Level zu sein, ist echt Wahnsinn», sagte Deutschlands Jamal über Spaniens Yamal. «Mit 16 hatte ich noch nicht die körperlichen Voraussetzungen, um mit den Profis zu trainieren», gestand Musiala beeindruckt. «Das ist echt cool zu sehen.» Freilich: In Stuttgart soll mehr Jamal als Yamal und noch mehr Deutschland als Spanien erstrahlen.

Kanzler Scholz mit von der Partie

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) blickt dem Spiel ebenfalls optimistisch gegenüber und erwartet einen knappen Sieg der deutschen Mannschaft. Auf die Frage, was sein Tipp sei, antwortete er beim Festakt zum 75. Gründungsjubiläums des Verbands kommunaler Unternehmen in Berlin: «Tja, 1:0 für Deutschland.»

Zuvor hatte er in seiner Festrede für mehr Zuversicht in Deutschland geworben. «Die Zuversicht ist die Triebfeder der Moderne», sagte er. Deutschland bekomme gerade in schwierigen Zeiten sehr viel hin. «All das mit einer unaufgeregten Zuverlässigkeit.»  Scholz will am Freitag um 18.00 Uhr in Stuttgart live dabei sein. Quelle: dpa



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